Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 29. Mai 2019. Von KARIN LEITNER. „Hofburg-Mann in bester Verfassung“.

Innsbruck (OTS) Nun zeigt sich nicht nur, wie gut es ist, dass es einen Bundespräsidenten gibt. Es ist auch gut, dass Alexander Van der Bellen das Amt innehat – auch, weil er ein famoser Kommunikator und Psychologe ist.

Ende Jänner 2017 hat der Karikaturist Michael Pammesberger Alexander Van der Bellen gezeichnet. An einem Fenster der Präsidentschaftskanzlei stehend, auf den Ballhausplatz blickend – und konstatierend: „Pfoah, des wird fad.“ Eine überspitzte Beschreibung dessen, wie die meisten das Amt des Bundespräsidenten gesehen haben. Als das eines Staatsnotars, der zu Neujahr im TV spricht, im Ausland Österreich repräsentiert, pro forma das Heer befehligt, alle paar Jahre eine Regierung angelobt und – schon das galt als außergewöhnlich – Ministerkandidaten ablehnt, wie einst von Thomas Klestil praktiziert.
Niemand erahnte, welche Rolle das Staatsoberhaupt nun haben würde. Ob einer noch nie dagewesenen Situation in der Zweiten Republik. Zack, zack, zack war nicht nur der Vizekanzler weg, die gesamte FPÖ-Regierungstruppe kam abhanden. Experten wurden an derer statt inthronisiert. Zack, zack, zack waren sie weg, weil SPÖ, FPÖ und die Liste „Jetzt“ ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz und seinen Ministern das Misstrauen aussprachen. Nun sind Nachfolger zu suchen, die administrieren, bis nach der Wahl die neue Regierung gebildet ist. Angesichts dieses hiesigen Polit-Novums zeigt sich nicht nur, wie gut es ist, einen Bundespräsidenten zu haben. Es zeigt sich auch, wie gut es ist, dass Alexander Van der Bellen Herr in der Hofburg ist. Umsichtig und mit Fingerspitzengefühl agiert er seit Tagen. Van der Bellen bindet nicht nur alle Parlamentsparteien ein, er erläutert auch den Bürgern, was zu tun ist – und was er tut. Nicht in Juristendeutsch, in einfacher Sprache. Auch mit Humor.
Warum die Ressorts besetzt sein müssen, bis das Übergangskabinett steht, erklärt er so: Rufe der Wirtschaftsminister eines anderen Landes im Wirtschaftsminis­terium an, müsse ja jemand „das Telefon abheben“. Psychologisch ist Van der Bellen ebenfalls zugange. „Nur Mut, wir kriegen das schon hin“, lässt er Besorgte – mit Verweis auf die Eleganz der Verfassung – wissen. Gerichtet ist das auch an Alarmisten in Politiker-Reihen.
Sebastian Kurz hat im Wahlkampf Van der Bellen nicht als Präsidenten empfohlen, der damalige Klubchef Reinhold Lopatka riet zu Norbert Hofer als Staatsoberhaupt. Jetzt kann und wird die ÖVP froh sein, dass die Stichwahl zugunsten des vormaligen Grünen-Chefs ausgegangen ist. Und nicht ein Vertreter jener Partei in der Hofburg sitzt, mit der sie die Koalition beendet hat. Weil sie sich anscheinend gewundert hat, was in dieser alles möglich ist.

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