Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 29. Oktober 2020. Von PETER NINDLER. „Richtig verbohrt“

Innsbruck (OTS) Verzögerungen machen Bauvorhaben wie den Brennerbasistunnel empfindlich teurer. Trotzdem hat sich die Tunnelgesellschaft für die Neuausschreibung des größten Bauloses ausgesprochen. Ein Ende mit Schrecken oder ein Schrecken ohne Ende?

Die Champions League beim Bau des Brennerbasistunnels wurde vorzüglich vergeigt: Das mit der Neuausschreibung vorerst auf Eis gelegte milliardenschwere Baulos Pfons-Brenner gilt nämlich als Herzstück des 55 Kilometer langen Eisenbahntunnels. Ob der Zentimeter-Streit um die Außenschalen der Tunnelröhren nur vorgeschoben ist oder nicht: Felsenfest regierte zuletzt auf allen Ebenen der Tunnelblick, das Licht am Ende des Tunnels wurde fahrlässig ausgeknipst.
Die vielen Verlierer tappen im Dunkeln. Sollte nicht noch Zeit und Geld an anderen Abschnitten eingespart werden, wird sich die Fertigstellung wohl bis Mitte der 2030er-Jahre verzögern und das Jahrhundertprojekt um einiges als die bisher bezifferten 9,3 Milliarden Euro teurer werden.
Was politisch für die schwarz-grüne Landesregierung ebenfalls bitter ist: Tirol zahlt zwar aus dem Landesbudget 90 Millionen Euro für den Tunnel, hat aber nichts mitzureden. Günther Platter kann als Landeshauptmann lediglich appellieren, zugleich hat sich die Basistunnelgesellschaft BBT SE nach dem Vorstandswechsel im Vorjahr schrittweise von ihren größten politischen Unterstützern wegbewegt. Die Tunnelmanager kappten den Informationsfluss, obwohl die neue Schieneninfrastruktur das Nadelöhr auf der Brennerachse beseitigen und den belastenden Straßengütertransit durch Tirol auf die Bahn verlagern soll.
Es geht schlicht um die verkehrspolitische Glaubwürdigkeit. Wie kann der Landeshauptmann aktuell noch in Brüssel, Rom und Berlin Druck machen, wenn ihm seine zentrale Transportalternative zeitlich und finanziell zwischen den Fingern zerrinnt? Der Rechtsstreit, die neuerliche Verzögerung und zusätzliche Steuermillionen für den Brennerbasistunnel befeuern außerdem den Vertrauensverlust in die Politik. Schon seit Jahren sprechen Kritiker von einem Milliardengrab, von einem politischen Prestigeprojekt, dessen Wirtschaftlichkeit bezweifelt wird, weil die europäische Verkehrspolitik weiterhin auf die Straße und nicht auf ökologische Lenkungseffekte setzt.
Jedenfalls wandelt die Basistunnelgesellschaft auf einem schmalen Grat: Mit der Neuausschreibung muss sie beweisen, dass das Ende mit Schrecken der richtige Schritt war. Werden der „Lockdown“ mit der Porr und die neuerliche Vergabe des größten Bauloses jedoch teurer als eine technische Einigung mit dem Baukonsortium, bliebe der Schrecken wieder einmal beim Steuerzahler picken. So einfach ist die Rechnung.

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