Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 3. März 2020. Von FLORIAN MADL. „Die Fans wollen am Ruder bleiben“.

Innsbruck (OTS) Ungewollt wurde Investor Dietmar Hopp zum Synonym für Einschränkungen in der Autonomie des deutschen Fußballs. Vereine waren lange Allgemeingut der Anhänger, mittlerweile beanspruchen Geldgeber aber Mitspracherecht.

Früher war es so, dass im Fußball alle das Sagen hatten. Die am Stammtisch – da ging es um Abseits oder nicht, um Rote Karten, Transfers und vor allem den eigenen Verein. Die im Stadion – sie machten ihrem Unmut mit Chorälen Luft. Doch mittlerweile scheint Fans all das zu entgleiten, Fußball entzieht sich der Allgemeinheit und wandert schrittweise an übergeordnete Instanzen. Denn Fußball ist Teil des Geldadels geworden, in England weiß man das mittlerweile. Dort löste die Liga mit einem Schlag das Hooligan- und das latente Geldproblem, indem man sich Investorengruppen auslieferte und die Autorität der Vereinskonstrukte beschnitt. Tickets wurden teurer, Spieler auch. Allein die Fernsehgelder jenseits der Vier-Milliarden-Marke dokumentieren die Entwicklung, in Deutschland ist man gerade bei einem Viertel angekommen. Chinesische Konzerngruppen, Scheichs, alle, die Spielzeuge brauchten oder Investmentmodelle, durften Geld lockermachen. Auch der FC Wacker Innsbruck präsentiert heute einen Geldgeber, der Prozess der Statutenänderung war kein einfacher.
Doch so ganz machte die Welle am Ärmelkanal nicht Halt, Leute wie Investor Dietmar Hopp stehen Pate dafür. Der knapp 80-Jährige gilt mit dem Retortenverein Hoffenheim als Synonym für diese Entwicklung, die deutsche Fan-Szene macht mobil. Mit Unmutsbekundungen weit unter der Gürtellinie, die Solidarität der Anhänger reicht sogar über die eigenen Vereinsfarben hinaus. Plötzlich ist es egal, ob Blau-Weiß, Gelb-Schwarz oder Weiß-Rot: Das Establishment gerät in den Fokus, der Verband, die Liga. Und die Obrigkeit wehrt sich, sanktioniert, greift durch. Zu Recht, denn organisierte Fan-Szenen bekennen sich zu Grundwerten, die manche in ihrem Aufschrei vermissen lassen. Viele bangen um ihr Ureigenstes: das Mitspracherecht in den Vereinen, die allerdings längst nicht mehr jenen von früher gleichen.
Dietmar Hopp gerät als Person ungewollt zwischen die Fronten, wenngleich ihm nicht jedes Versäumnis in der Kommunikation der Verbände angelas­tet werden kann. Denn wenn es in der Vergangenheit um Rassismus im Stadion ging, war zwar von scharfen Sanktionen die Rede, aber kaum von einem Spielabbruch. Seit sich die Schmähungen gegen die Einzelperson Hopp häufen, wird selbst das diskutiert. Solange die Wogen hochgehen, scheint keine Lösung in Sicht. Es geht also längst nicht mehr nur um Dietmar Hopp.

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