Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 3. November 2018. Von ALOIS VAHRNER. „Wohin steuert Deutschland?“.

Innsbruck (OTS) Fast schon egal, wie der CDU-interne Flügelkampf ausgeht: Mit Angela Merkels angekündigtem Rücktritt auf Raten wird Regieren in Deutschland noch schwieriger – und mit Deutschlands Polit-Krise auch Lösungen in der zerstrittenen EU.

Wenn sie’s nur aushält, die GroKo – so könnte man den Werbespruch einer österreichischen Handelskette auf die Zukunft der ohnehin taumelnden schwarz-roten Koalition in Deutschland ummünzen. Kanzlerin Angela Merkel hat nach den jüngsten Unions-Wahlverlusten in Bayern und Hessen ihren schrittweisen Rückzug angekündigt, heuer noch vom Parteivorsitz und nach dieser Legislaturperiode 2021 auch vom Kanzleramt. Dass Merkel die 16 Jahre wie Rekord-Kanzler Helmut Kohl voll bringt, scheint aber äußerst fraglich.
In der Union tobt ein Nachfolgekampf um die Führung, der auch inhaltlich einen Richtungsstreit symbolisiert: Die von Merkel als CDU-Generalsekretärin nach Berlin geholte frühere saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer steht am ehesten für eine Fortsetzung des moderaten Merkel-Kurses. Jens Spahn will nach dem Vorbild von Österreichs Sebas­tian Kurz gerade in der Ausländerpolitik einen deutlich härteren Kurs einschlagen, wohl ebenso der in den Ring gestiegene Friedrich Merz. Dieser steht auch für einen wirtschaftsliberaleren Kurs, er muss aber wohl noch einige Fragen zu seinen Tätigkeiten wie beim US-Investmentriesen Blackrock beantworten.
Wer das Rennen macht, scheint noch völlig offen. Für Merkel, deren lange sehr hell leuchtender Stern seit der Flüchtlingskrise immer weiter im Sinken ist, ginge es wohl am ehesten mit Kramp-Karrenbauer weiter. Sowohl Spahn als auch Merz würden Merkel hingegen wohl am liebsten möglichst rasch in Pension schicken. Für die intern und bei den Wählern ungeliebte Krisen-Koalition aus CDU/CSU und SPD könnten die nächsten Wochen und Monate nach der Niederlagenserie und ständigen Querelen das endgültige Aus bedeuten, wenn die SPD die Reißleine zieht – und damit käme auch ein sehr rasches politisches Ende für Merkel.
Ein fliegender Wechsel doch noch zu einer Jamaika-Koalition mit Grünen und FDP wäre dann wohl kaum realistisch, viel eher schon für alle Seiten höchst riskante Neuwahlen mit einer möglicherweise noch schwierigeren Regierungsbildung.
Für die zerstrittene EU, deren Lichtgestalt Merkel noch immer ist, sind die Nachrichten aus Berlin alarmierend. Merkel ist endgültig zum Auslaufmodell geworden, ein Deutschland am Rande der Regierungs-Unfähigkeit macht das Finden von Lösungen noch komplizierter. Die EU bräuchte für den Kurs nach außen (Trump, Russland, China) und nach innen (u. a. Brexit und ein unberechenbares Italien) ein starkes Deutschland. Das droht aber noch länger vor allem mit sich selbst beschäftigt zu sein.

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