Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 4. Oktober 2019. Von ANITA HEUBACHER. „Ein Mäntelchen für den Mops“.

Innsbruck (OTS) Nicht nur am heutigen Tierschutztag sind die Österreicher tierlieb. Diese Liebe ist allerdings hochgradig selektiv und ambivalent. Für nicht essbare Tiere ist nichts zu teuer, für essbare jeder Cent zu viel. Der Konsument entscheidet.

Im Frühjahr 2018 hielten Tierfreunde in Hannover eine Mahnwache für den Kampfhund Chico ab. Dieser hatte sein­e Besitzerin und deren Sohn totgebissen und wurde eingeschläfert. 60 Menschen legten Blumen, Kerzen und Stoffhunde für den Hund, nicht für die zwei toten Menschen nieder. Das ist nur eines der völlig überzogenen und absurden Ausmaße von Tierliebe, die am heutigen Welttierschutztag durchs Netz geistern. Tierliebe ist nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich hochgradig selektiv und ambivalent. Sind Tiere im Spiel, wird es emotional, solange wir diese Tiere niedlich und toll finden. An der Stelle sei an die hochemotionale Diskussion um Bär und Wolf in Tirol und Südtirol erinnert.
Während also für den Mops das Mäntelchen und das Maniküreset gar nicht teuer genug sein kann, ist für das essbare Tier jeder Cent zu viel. Seit der Industrialisierung unterscheidet der Mensch zwischen Haus- und Nutztier. Das anonyme Schwein, Huhn oder Kalb kann so viele Qualen erleiden, solange es anonym bleibt und in der sterilen Styroportasse serviert wird. Herr und Frau Österreicher essen nicht, was ihnen vorher lebend begegnet ist. Dazu gibt es Versuchsreihen, nicht mit Tieren, sondern mit Konsumenten, die dieses Verhalten belegen. Nicht so gern gegessen wird auch etwas, das zu sehr an das lebende Tier erinnert. Schweinsrüssel oder Hühnerkrallen sind hierzulande kein­e Verkaufsschlager und werden es auch nicht werden. Tierschutz erfährt nicht zuletzt durch die Klimadebatte Aufwind. Massentierhaltung ist klimarelevant, verbraucht Ressourcen und am Ende zahlen alle drauf: Tiere, Landwirte, Konsumenten. Je nach Weltanschauung ist die Reihenfolge vielleicht anders, das Sensorium jedoch erhöht. Der Konsument entscheidet und ist sich lange vor, Achtung und jetzt kommt’s, Greta Thunberg im Klaren, dass sich das Wiener Schnitzel um 3,90 Euro samt Kartoffelsalat nicht ausgehen kann. Im Lichte der Klimadebatte wagte sogar der eine oder andere Politiker vor der Wahl zu sagen, dass Fleisch teurer werden müss­e. Bis das von oben geregelt wird, gilt der Appell an die Eigenverantwortung und der Glaube an die Renaissance des Hausverstandes. Es muss nicht jeden Tag das Wiener Schnitzel sein. Weniger Fleisch, dafür eines aus der Region, ist ein gangbarer und in Wahrheit auch ein leistbarer Weg, den immer mehr Österreicher bereits eingeschlagen haben. Würde das die Haltung der Massen, wäre viel erreicht.

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