Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 9. Jänner 2018. Von MICHAEL SPRENGER. „Der Kampf um das rote Wien“.

Innsbruck (OTS) - Die Zukunft der SPÖ hängt von Wien ab. Dass der Nachfolger von Michael Häupl in einer Kampfabstimmung bestimmt wird, muss noch kein Nachteil sein – vorausgesetzt, die Genossen ziehen nach dem Parteitag wieder an einem Strang.

Vor wenigen Jahren noch hätte das Gedankenspiel von einer roten Niederlage in Wien im besten Falle ungläubiges Lächeln ausgelöst. Wenn heute über die rote Bastion gesprochen wird, will nicht einmal ein eingefleischter Genosse das Attribut „uneinnehmbar“ hinzufügen. Der konservativ-populistische Zeitgeist weht wie ein kalter Wind durch die Metropole.
Die Gemeinderatswahlen finden zwar erst 2020 statt. Doch sowohl die beiden Parteien in der Bundesregierung wie auch die Sozialdemokraten wissen, dass die Zukunft der SPÖ ursächlich von dieser Wahl abhängt. Verliert die SPÖ die Macht in Wien, dann warten dunkle Jahre auf die Roten. Die Weichen werden jetzt gestellt. In knapp drei Wochen wird in einer Kampfabstimmung der Nachfolger des Langzeitbürgermeisters und SPÖ-Chefs Michael Häupl bestimmt.
Ausgerechnet in einer Kampfabstimmung? Ist die SPÖ von allen guten Geistern verlassen?
Ja, ist sie, wenn es Michael Ludwig oder Andreas Schieder nicht gelingt, nach dem Parteitag die tiefen Gräben in der Partei zuzuschütten. Ja, sie ist von allen guten und roten Geistern verlassen, wenn sie es nicht versteht, das Feuer der Leidenschaft neu zu entfachen. Der Verweis auf eine sichere und liebenswerte Stadt, das Pochen auf die Errungenschaften sozialdemokratischer Politik allein werden nicht reichen, um den Bürgermeistersessel zu verteidigen. Diese Zeiten sind vorbei.
Also ist die Kampfabstimmung schon der Beginn des Abschieds der SPÖ von Wien? Nein! Wenn die Delegierten am 27. Jänner ihren künftigen Vorsitzenden küren, dann sollten sie zuvor einen Blick in ihre Parteigeschichte riskieren. Denn fast auf den Tag genau vor 51 Jahren, am 1. Februar 1967, wählte die SPÖ den Nachfolger von Bruno Pittermann. Richtig, in einer Kampfabstimmung setzte sich trotz erbitterten Widerstands der Gewerkschaft Bruno Kreisky gegen Hans Czettel durch. Der nüchterne Pragmatiker und Gewerkschafter unterlag. Kreisky, der für eine Öffnung der Partei eintrat, verstand es, nach der SPÖ-Niederlage bei der Nationalratswahl 1966 eine Aufbruchstimmung einzuläuten. Der Verlauf der weiteren Geschichte ist bekannt.
Selbst wenn der Vergleich mit der Historie ein wenig hinkt, eins kann jetzt schon behauptet werden: Wenn es der SPÖ nach dem Parteitag nicht gelingt, ihre verkrusteten Strukturen aufzubrechen und ihre Flügelkämpfe zu beenden, ist sie drauf und dran, ihre Bastion zu verlieren.

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