TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Das Virus, China und das große Mauern“, von Christian Jentsch

Ausgabe vom Freitag, 15. Jänner 2021

Innsbruck (OTS) Ein internationales Expertenteam soll im Auftrag der WHO nach monatelangem Gezerre nun in China nach dem Ursprung des neuartigen Coronavirus suchen. Doch eines ist klar: Eine ergebnisoffene Untersuchung wird das nicht werden.

Mitte Jänner des Vorjahres wurde aus China das erste Todesopfer durch Covid-19 gemeldet. Bereits im November und Dezember 2019 traten in der zentralchinesischen Stadt Wuhan Fälle einer unbekannten Lungenerkrankung auf. Doch die chinesischen Behörden vertuschten zunächst nach Kräften. Ärzte, die vor einer rätselhaften neuen Atemwegs­erkrankung warnten, wurden mundtot gemacht oder verschwanden spurlos.
Nun, rund ein Jahr und weltweit fast zwei Millionen Corona-Tote später, hat Peking nach monatelangem Gezerre ein internationales Expertenteam, das im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach den Ursprüngen des Coronavirus forschen soll, nach China einreisen lassen. Gestern trafen die Experten in Wuhan ein. Dort, wo laut allgemeiner Annahme die Pandemie ihren Ausgang nahm. Wissenschafter gehen davon aus, dass das neuartige Coronavirus ursprünglich von Fledermäusen stammt und dann über ein anderes Tier auf den Menschen übersprang – und das eben auf dem Fisch- und Wildmarkt von Wuhan. Das Hochsicherheitslabor in Wuhan – das Wuhan-Institut für Virologie – beherbergt die größte Virusbank Asiens, forscht auch mit Coronaviren von Fledermäusen und ist nur wenige Kilometer vom besagten Tiermarkt entfernt. Das hat immer wieder zu Spekulationen geführt, das Virus könnte aus dem Labor gekommen oder sogar absichtlich geschaffen worden sein. Die meisten Wissenschafter haben einen Zusammenhang mit dem Labor freilich bestritten. Eine internationale Forschergruppe kritisiert nun aber, dass die Möglichkeit einer Labormanipulation als Ursprung der Corona-Pandemie zu früh ausgeschlossen wurde. Es könnte sich um einen Unfall gehandelt haben. Die Washington Post berichtete jedenfalls im April des Vorjahres von Sicherheitsmängeln.
Bewiesen ist in diesem Zusammenhang nichts. Und es wird wohl auch nichts mehr zu beweisen geben. Dass ein Expertenteam über ein Jahr nach Auftreten des neuartigen Virus unter der strengen Kontrolle der chinesischen Behörden irgendetwas findet, was der Diktion Pekings zuwiderläuft, kann doch niemand ernsthaft glauben. Und auch die WHO selbst hat ein gewisses Glaubwürdigkeitsproblem. Sie hat China lange gewähren lassen und nur wenige Fragen gestellt. Nur weil die Kritik an China und der WHO in erster Linie von US-Präsident Donald Trump und seiner Regierung kam, war sie nicht automatisch falsch. Der Wunsch nach Transparenz bei der Suche nach dem Ursprung des Virus wird nicht erfüllt werden. Das zumindest ist gewiss.

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