TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Die Fusion ist keine Gesundheitsreform“, von Cornelia Ritzer

Ausgabe vom 25. Oktober 2019

Innsbruck (OTS) Die Regierung schafft die Zusammenlegung von 21 Sozialversicherungsträgern auf nur fünf. Das ist eine enorme Leistung der ÖVP-FPÖ-Koalition. Doch Zahlentricksereien und Kämpfe um Macht und Einfluss trüben das Ergebnis.

Mit der Reform der Sozialversicherung hat die ÖVP-FPÖ-Koalition etwas geschafft, an dem viele andere Regierungen gescheitert sind. Die derzeit 21 Sozialversicherungsträger werden auf fünf zusammengelegt, die Struktur wird verschlankt. Das ist eine Leistung, die gewürdigt werden muss. Doch gleichzeitig soll der Eindruck erweckt werden, dieser Bundesregierung gehe es mit diesem Projekt um das Gesundheitssystem. Dieser Eindruck ist falsch. Nicht das österreichische Gesundheitswesen steht im Mittelpunkt, es geht um die Neuverteilung von Macht und Einfluss. So gibt es massive Eingriffe bei der Selbstverwaltung, in der die österreichische Sozialversicherung organisiert ist.
Selbstverwaltung bedeutet, dass öffentliche Aufgaben von Personengruppen ausgeführt werden, die unmittelbar betroffen sind – also Beitragszahler und Leistungsempfänger. Laut Reformplan wird die Tatsache, dass die (oft SPÖ-nahen) Arbeitnehmervertreter in verschiedenen Gremien in der Überzahl gegenüber den Arbeitgebenden sind, spätestens ab dem 1. Jänner 2020 Vergangenheit sein. Die geplante Parität, dass von jeder Seite jeweils die gleiche Anzahl von Repräsentanten vertreten ist, schmerzt naturgemäß die Gewerkschaft besonders. Die Regierung und ihre Experten betonen die Verfassungskonformität dieses Paradigmenwechsels. Kleine Änderungen gab es nach lautem Protest nur in Details. Geschwächt wird gleichzeitig der Dachverband, der über den fünf Kassen steht: Dessen Chefs wechseln regelmäßig, ein starker Kämpfer für das Gesundheitswesen an der Spitze wird sich nur schwer etablieren.
Die meiste Kritik muss sich die Regierung jedoch bei der Kostenwahrheit gefallen lassen. Durch die Fusion soll über fünf Jahre gerechnet eine Milliarde Euro auf der Haben-Seite stehen. Eine Summe, die zwar bereits als „Patientenmilliarde“ beworben wird und in den Kampf gegen die Zwei-Klassen-Medizin verplant ist, deren Zustandekommen aber nur schwer erklärt werden kann. Saubere Buchhaltung wurde von Kritikern eingemahnt, daraufhin wurden Zahlen nachgeliefert – die jedoch naturgemäß auf „Schätzungen“ basieren. Ein großes Fragezeichen steht außerdem vor dem (hehren) Ziel, allen Versicherten die gleichen Leistungen bieten zu wollen. Ab 2022 soll in ganz Österreich derselbe, an der besten Leistung orientierte Vertrag gelten. Doch erst wenn diese Verhandlungen gelungen sind, ist die Reform auch ein Gewinn für die Versicherten.

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