TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Die Politik des Zynismus“, von Michael Sprenger

Ausgabe vom Montag, 25. März 2019

Innsbruck (OTS) Herbert Kickl weiß: Die FPÖ braucht ihn, weil ohne ihn die Partei Gefahr läuft, von der ÖVP aufgesaugt zu werden. Die ÖVP braucht ihn, weil ohne ihn die Koalition scheitert. Beste Voraussetzungen für eine politische Reizfigur.

Heinz-Christian Strache benötigt Herbert Kickl – als Innenminister sowieso, aber eigentlich mehr noch als Parteistrategen. Kickl zeichnet sich zwar durch Loyalität aus, aber er kann als Minister nicht auch noch die FPÖ managen. Also versucht Kickl vom Innenministerium aus den Spagat. Will er als Minister dafür sorgen, dass die scharfen Kanten der rechtspopulistischen Partei nicht abgerundet werden. Während sich die anderen blauen Minister der zum Regierungsprogramm verordneten Harmonie hingeben, versucht er seine Arbeit mit dem Modell Zynismus zu praktizieren. Kickl ist längst zum Meister dieses Faches geworden. Er provoziert, lässt sich von Strache zum besten Innenminister adeln. Bei Kickl passiert nichts zufällig, er antizipiert erwartbare Reaktionen – und nimmt mit klammheimlicher Freude die Meldungen von der Regierungsbank zur Kenntnis. Denn so wie Strache Kickl braucht, weiß der Innenminister auch, dass Kanzler Sebastian Kurz es sich nicht leisten kann, ihn ins Abseits zu stellen.
Kickl schlüpft bewusst in die Rolle der Reizfigur – und reizt weiter aus. Als der Innenminister einst davon sprach, Flüchtlinge „konzentriert“ an einem Ort zu halten, legte sein Parteifreund Norbert Hofer für den „Philosophen, dem der Humanismus ein großes Anliegen ist, die Hand ins Feuer“. Hofer sollte sich nicht verbrennen. Nicht anders, als Kickl die Grundregeln der Menschenrechtskonvention zu hinterfragen begann und meinte, dass das Recht der Politik zu folgen habe. ÖVP-Kanzleramtsminister Gernot Blümel stellte sich daraufhin zu 100 Prozent schützend vor Kickl. Na gut, dachte wohl Kickl bei sich, dann verlange er fürderhin die präventive Sicherungshaft für Asylwerber. Anstatt ihn einzubremsen, fordert Kurz die Opposition zum Umdenken auf.
Wir sollten uns nicht wundern, was alles möglich ist. Kickl, nun ganz in seinem Element, will Erstaufnahmezentren für Flüchtlinge in „Ausreisezentren“ unbenennen. Für Kardinal Christoph Schönborn ein „Akt der Brutalität“, für die FPÖ-Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller ein Grund, die Kirche maßzuregeln. Mischt euch nicht ein! Kickls bislang letztes Meisterstück passt in seine Politik des Zynismus. Der Stundenlohn für Asylwerber soll auf 1,50 Euro beschränkt werden. Und was sagt Kurz? Er unterstützt natürlich Kickl – schließlich habe er als Integrationsminis­ter schon Ein-Euro-Jobs für Flüchtlinge gefordert.
Na also, Kickl kann den nächsten Schritt planen.

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