TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ Dienstag, 21. August 2018, von Mario Zenhäusern: „Spielball der Asylpolitik“

Innsbruck (OTS) Der Plan, Flüchtlinge an der EU-Außengrenze zu stoppen und in die jeweiligen Herkunftsländer bzw. sichere Drittstaaten zu transportieren, bedingt die Bereitschaft dieser Länder zur Kooperation. Davon ist weit und breit nichts zu sehen.

Im Mittelmeer wurde wieder einmal ein Schiff im Kreis geschickt. Die „Diciotti“ hat 177 Flüchtlinge an Bord und durfte bis gestern in keinem Hafen anlegen. Die Besatzung des Schiffs hatte die Hilfesuchenden in der Rettungszone Maltas entdeckt und aufgenommen. Der Versuch, die Menschen ihrem Auffindungsort entsprechend nach Malta zu bringen, scheiterte an der fehlenden Erlaubnis, einen Hafen anzulaufen. Gleichzeitig blockiert Italien seine Häfen. Innenminister Matteo Salvini fordert die EU ultimativ auf, sich des Themas anzunehmen und für die Verteilung der Flüchtlinge auf andere Staaten zu sorgen. Andernfalls werde er die Bootsflüchtlinge direkt nach Libyen bringen lassen. Zu guter Letzt sprach sich auch noch Öster­reichs Bundeskanzler Sebastian Kurz, derzeit Vorsitzender des Europäischen Rates, prinzipiell dagegen aus, Schiffe mit Flüchtlingen an Bord in Europa anlegen zu lassen.
Die „Diciotti“ und die 177 Flüchtlinge sind damit endgültig zum Spielball der europäischen Flüchtlings- und Asylpolitik geworden. Einer Politik, die zuletzt immer restriktivere Züge angenommen hat, um eine neuerliche Völkerwanderung wie 2015 zu verhindern. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass die Europäische Union ihre Außengrenzen besser schützen will. Die Zahl jener, die sich von ihrer Flucht nach Europa ein (wirtschaftlich) besseres Leben erhoffen, übersteigt die vorhandenen Kapazitäten um ein Vielfaches. Und es ist deshalb auch nur konsequent, wenn Flüchtlingsschiffe bereits an der Außengrenze gestoppt und in ihre jeweiligen Ursprungsländer oder in sichere Drittstaaten zurückgeschickt werden. Der Plan funktioniert allerdings nur dann, wenn diese Länder auch bereit sind, die Betroffenen wieder aufzunehmen. Noch hat sich kein Land in Nordafrika gemeldet, das diese Aufgabe übernehmen will – und die Uneinigkeit der EU in Flüchtlingsfragen macht die Suche nach derartigen Zentren auch nicht leichter.
Es ist darüber hinaus blanker Zynismus, den vor der Küste Maltas treibenden 177 Hilfesuchenden ausgerechnet mit dem Rücktransport nach Libyen zu drohen. Das seit Jahren von einem Bürgerkrieg heimgesuchte Land ist meilenweit davon entfernt, ein sicherer Drittstaat zu sein. Im Gegenteil: Flüchtlingen drohen hier Missbrauch und Folter.
Mit der „Diciotti“ verweigerte bis zuletzt Italien übrigens einem Schiff der eigenen Küstenwache die Heimkehr. Innenminister Salvini ist in seinem Kampf gegen Flüchtlinge offenbar zu allem bereit.

Rückfragen & Kontakt:

Tiroler Tageszeitung
0512 5354 5101
chefredaktion@tt.com

[ad_2]

Quelle

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER
INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at

(C) Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender.

Eigenes Pressefach für Ihre Pressemeldungen - Pressefach.eu

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen