TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ Donnerstag, 21. März 2019, von Peter Nindler: „Der saubere Sport ist Selbstbetrug“

Innsbruck (OTS) Dass Doping kein Kavaliersdelikt mehr ist, wird zur nachhaltigen Erkenntnis der Seefelder Doping-Razzia. Offenbar braucht der Sport auch Handschellen, damit zumindest zeitweilig Vorbeugung gegen Doping wieder stärker forciert wird.

Nur nicht die Moralkeule auspacken. Doping ist Realität. Dahinter verbergen sich kriminelle Organisationen und Sportler, die eher sportpsychologische Unterstützung denn Blutdoping benötigen würden. Die „Operation Aderlass“ deckt deshalb ein Netzwerk mit hoher krimineller und gesundheitsgefährdender Energie auf. Andererseits demaskiert die öffentliche Diskussion darüber samt Quoten-Outing der Dopingsünder wieder einmal eine erschütternde Facette des Sports: Von bedauernswerten Athleten, die endlich einmal zur Spitze aufschließen möchten, bis hin zu überzeugten Betrügern im Spitzen- und Breitensport reicht das dopende Motiv.
Und natürlich wird dieser Tage viel geheuchelt, weil das Vakuum für Spekulationen immer größer wird. Welche Sportart ist noch darunter, welche ist sauber, welche nicht? Als ob das eine Rolle spielt. Vielmehr muss eine Frage beantwortet werden: Wie ist Doping in den vielfach professionellen Strukturen von Verbänden wie dem Österreichischen Skiverband (ÖSV) möglich? Dieser Herausforderung sollte sich der ÖSV endlich einmal strukturell stellen, weil es wieder einmal heimische Langläufer betroffen hat.
Nur die anderen Nationen dürfen sich da nicht auf leisen Sohlen davonschleichen. Obwohl das geistige und „medizinische“ Epizentrum für die größte Doping-Razzia seit dem Skandal um den spanischen Arzt Eufemiano Fuentes in Erfurt liegt, erhält der deutsche Sport derzeit eine gewisse Verschnaufpause. Schließlich stehen noch keine deutschen Sportler im öffentlichen Verdacht. Allerdings irritiert es, wie der Deutsche Sportbund damit umgeht. Denn schon längst müssten alle Alarmglocken schrillen, zumal das Netzwerk bzw. das Umfeld des verhafteten Sportarztes Mark S. bis tief in die Strukturen des deutschen Sports mit den Olympiastützpunkten in Oberhof und Erfurt hineinreicht. Bisher wird bei unseren Nachbarn das Problem kleingeredet.
Aber braucht es immer „Handschellen“, um das Problembewusstsein zu steigern? Offenbar schon, weil damit zumindest eine Zeitlang die Vorbeugung noch stärker in den Mittelpunkt des Leistungssports gerückt wird. Bis dann der enthemmte Siegeswille wieder die Oberhand gewinnt und Doping-Netzwerke in Aktion treten. Auch eine Erkenntnis von der Tour de France bis zu Olympischen Spielen.
Doping ist das Ikarus-Schicksal des Sports, so nüchtern sollte man das sehen. Zumindest wird es nicht mehr als Kavaliersdelikt behandelt, sondern als Sportbetrug. Allein deshalb zahlen sich Aktionen wie die „Operation Aderlass“ aus. Vor allem für den Sport.

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