TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ Donnerstag, 8. Februar 2018, von Christian Jentsch: „Erleichterung und Ermüdung in Berlin“

Innsbruck (OTS) - Stabilität statt Euphorie, Weitermachen statt Neuanfang: Die Weichen für eine Neuauflage der Großen Koalition in Berlin sind gestellt. Eine Zukunft zwischen Erleichterung und Ermüdung – für Deutschland und Europa.

136 Tage nach der Bundestagswahl am 24. September des Vorjahres, 13 Tage nach Beginn der Koalitionsverhandlungen von Union und SPD und nach einem finalen 24-stündigen Gesprächsmarathon von Dienstag auf Mittwoch sind die Weichen für eine neue Regierung in Deutschland nun endlich gestellt. Eine Neuauflage der Großen Koalition soll Deutschland und Europa in die Zukunft und laut Kanzlerin Angela Merkel (CDU) durch unsichere Zeiten führen. Doch eines ist auch klar:
Dass jedem Anfang ein Zauber innewohnt, wie Hermann Hesse schrieb, trifft auf die neue Regierung in Berlin wohl nicht zu. Nicht von einem großen Wurf oder Euphorie ist die Rede, sondern von Nüchternheit und pragmatischen Lösungen für einen möglichst großen Interessentenkreis. Rund 460.000 SPD-Mitglieder müssen dem Koalitionsvertrag schließlich erst noch zustimmen.
Eine Jamaika-Koalition in Berlin hätte wohl mehr „Sex-Appeal“ gehabt, wäre mehr für einen Neuanfang gestanden. Mit der Neuauflage der GroKo werden andere Ziele verfolgt. Ziele, die für Deutschland und Europa aber nicht unbedingt schlechter sein müssen. Der mühsam ausverhandelte Koalitionsvertrag, in dem die angeschlagene SPD bis zuletzt um ihre Duftmarken und somit um die noch nötige Zustimmung der Parteibasis gerungen hat, soll eine stabile Regierung, ein stabiles Deutschland und ein stabiles Europa ermöglichen und verwalten. Fast 50 Mrd. Euro zusätzlich will die neue Große Koalition verteilen: für Familien, die Bildung, den Ausbau der Pflege und ein flächendeckendes schnelles Internet. Geld, das dank brummender Konjunktur reichlich vorhanden ist. Auch von einem „neuen Aufbruch für Europa“ ist im Koalitionsvertrag die Rede.
Zusammen mit Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron will Deutschland das Zugpferd bei der Reform der EU sein. Eine Vertiefung der Union, wie hier beschworen, wird freilich nicht allen in der Union schmecken. Doch insgesamt ist die Erleichterung in Europa groß, vor allem in Brüssel und Paris. Zurückgestellt wurden freilich die ehrgeizigen Klimaschutzziele, nicht gerade ein zukunftsträchtiges Zeichen. Wie gesagt, den großen Aufbruch wird man in Berlin vergeblich suchen. Das liegt auch an den handelnden Personen. Die Macht von Kanzlerin Angela Merkel schwindet – auch in ihrer Union –, der designierte Innenminister, CSU-Chef Horst Seehofer ist bereits im Herbst seiner politischen Karriere angelangt und in der SPD dreht sich das Personenkarussell. Doch was anderes als eine neue Große Koalition bleibt Deutschland diesmal schlicht nicht übrig.

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