TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ Freitag, 26. Mai 2017, von Mario Zenhäusern: „Urlaubsparadies ist ein Sanierungsfall“

Innsbruck (OTS) - Um die durch den Transitverkehr verursachte Lärm-und Abgasbelastung in Tirol zu reduzieren, müssten sich die Regierungen in Deutschland, Österreich und Italien ernsthaft mit der Transportlobby anlegen.

Landeshauptmann Günther Platter hat am Mittwoch in Rom wieder einmal versucht, die italienische Regierung für die Verkehrsproblematik am Brenner zu sensibilisieren. Bekanntlich rollen Jahr für Jahr mehr Schwerlaster und Pkw über die Inntal- und Brennerautobahn vom Norden in den Süden und umgekehrt. Die Folge ist, dass große Teile Tirols deshalb seit dem 1. Oktober 2002, also seit fast 5300 Tagen, in einem Lärm- und Luftsanierungsgebiet liegen. Es ist geradezu skurril: Das Land, das Jahr für Jahr Millionen von Urlaubsgästen ins Land lockt, die hier Sport betreiben und die Natur genießen – 2016 verzeichneten die heimischen Tourismusbetriebe noch nie dagewesene 47,6 Millionen Nächtigungen –, ist selbst ein Sanierungsfall!
Seit Jahren pilgern deshalb Tiroler Politiker in alle Himmelsrichtungen, um gegen dieses Paradoxon anzukämpfen. Mit leider anhaltend schwachem Erfolg. Zwar sind die Arbeiten am vielfach als Jahrhundert-Projekt bezeichneten Brennerbasistunnel nicht mehr zu stoppen, ansonsten aber beschränken sich die Maßnahmen in Zusammenhang mit der unerträglichen (Schwer-)Verkehrsbelastung auf das ungeliebte Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L), das alle Autofahrer auf Teilen der Inntal- und Brennerautobahn zur Einhaltung eines Tempolimits von 100 km/h zwingt.
Die Wirkung des Lufthunderters ist umstritten, außerdem trifft dieses Gesetz den Kern des Problems nicht. Weil das mit ihm gedanklich verknüpfte sektorale Lkw-Fahrverbot ob der vielen Ausnahmen so gut wie wirkungslos ist, fährt nämlich kaum ein Lkw weniger über den Brenner als früher.
Die einzig wirksamen Strategien wären eine Senkung des Tonnagelimits und die Einführung einer Korridormaut – also die Anhebung der Mauttarife auf ein Niveau, das den derzeit rentablen Umweg im internationalen Nord-Süd-Transit über den Brenner auf ein verträgliches Maß reduziert. Beide Maßnahmen scheitern an der Bereitschaft der deutschen und italienischen Regierung, sie umzusetzen, und an jener der österreichischen Minister, sie in der EU aktiv einzufordern.
Bleibt abzuwarten, was nach der voraussichtlichen Fertigstellung des Basistunnels im Jahr 2026 passiert: ob dann erstens Zulaufstrecken in Südtirol und Bayern vorhanden sind und zweitens eine Korridormaut den Druck auf die Frächter erhöht? Dafür müssten sich die Regierungen allerdings ernsthaft mit der internationalen Transportlobby anlegen. Bei allem Optimismus: Da überwiegt doch die Skepsis, dass Tirol am Ende auf der Strecke bleibt.

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