TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ Freitag, 8. November 2019, von Theresa Mair: „Die Gesundheit ernster nehmen“

Innsbruck (OTS) Laut einem neuen OECD-Bericht leben die Österreicher alles andere als gesundheitsbewusst – viele Todesfälle wären vermeidbar. Der Wunsch, nicht krank werden zu wollen, setzt sich hierzulande gegen den Lebenswandel zu wenig durch.

Gesund gestorben ist auch tot. Was soll man auch anderes sagen, wenn man mit Zigarette und Verdauungsschnapsl dasitzt, nachdem man sich den Bauch vollgeschlagen hat. Und insgeheim denkt man sich, dass der Tod sowieso nur die anderen trifft. Ironische Distanzierung fällt leichter als die kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Lebenswandel. Mäßigung und Disziplin klingen anstrengend in den Ohren des gelernten Österreichers, der in allen Lebenslagen seine Gelassenheit vor sich herträgt und sich nicht vorschreiben lässt, wie er zu leben hat.
Bisher ist die Rechnung immer aufgegangen. Doch jetzt kommt die Spielverderberi­n OECD. Nachdem der Zuwachs bei der Lebenserwartung schon in den vergangenen Jahren ins Stocken geraten ist, geht sie in einigen OECD-Ländern seit 2015 wieder zurück – inklusive Österreich. Dabei bildet fast kein Land in Europa so viele Mediziner aus wie wir. Bei der Anzahl der praktizierenden Ärzte sind wir – nach Griechenland – ganz vorne, aber eben auch, wenn es darum geht, die Gesundheit aufs Spiel zu setzen. 118 Sterbefälle pro 100.000 Einwohner pro Jahr sind sinnlose, weil vermeidbare Tode. Nirgendwo sonst rauchen so viele junge Frauen wie bei uns, beim Alkoholkonsum liegt Österreich im Ranking der 36 OECD-Länder an zweitschlechtester Stelle. Damit es kein Missverständnis gibt: Nur in Litauen wird noch mehr gesoffen. Damit nicht genug: Beinahe jeder zweite Erwachsene in Österreich ist übergewichtig.
Jetzt kann man – typisch österreichisch – antworten, dass halt irgendwann doch jeder sterben muss. Es klingt logisch, dass es nach den entbehrungsreichen Nachkriegsjahren mit dem Aufschwung der 1970er-Jahre auch mit der Lebenserwartung bergauf gehen musste. Dass die Lebenserwartung ausgerechne­t in Friedenszeiten, in einer Ära des Wohlstands und des medizinischen Fortschritts, sinkt, passt aber nicht ins Bild.
Jeder hier kann (noch) zum Doktor gehen, selbst wenn es ihn nur an der Augenbraue juckt. Unsere Mediziner sind auch sensationell gut, wenn es darum geht, Krankheiten zu heilen – die Österreicher aber schlecht darin, gesund zu bleiben. Ein gesundheitsbewusstes Leben wird in der Gesellschaft noch zu oft als fad und genussfeindlich schlechtgeredet und dem Vorsorge­gedanken vielfach noch zu wenig Wert beigemessen. Langsam wächst das Bewusstsein dafür aber, siehe das endlich in Kraft getretene Rauchverbot in der Gastronomie. Im Idealfall bringen solche politischen Entscheidungen dann auch ein Umdenken mit sich.

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