TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Gefährliches Auseinanderdriften“, von Mario Zenhäusern

Ausgabe vom Samstag, 15. Dezember 2018

Innsbruck (OTS) Europas Zukunft wird in den Herkunftsländern der Flüchtlinge von morgen entschieden. Gelingt es nicht, in ihren Herkunftsländern stabile Verhältnisse und vernünftige Perspektiven zu schaffen, droht das Migrations-Chaos.

Die Jahre nach der großen Flüchtlingskrise von 2015 haben mit aller Deutlichkeit bewiesen, dass die ­Europäische Union nicht in der Lage ist, die durch die Massenmigration verursachten Probleme zu beseitigen. Alle Versuche, die Mitgliedsstaaten zu einem Mindestmaß an Solidarität zu bewegen, scheiterten kläglich. Im Gegenteil, statt aufeinander zu, driften die einzelnen Länder immer weiter auseinander. Heftig aufkeimende nationalstaatliche Strömungen reißen tiefe Gräben in die auf Werten wie Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Gleichheit aufgebaute Gemeinschaft.
Das Brexit-Drama ist eine Auswirkung dieser ausweglosen Situation. Aber statt sich zu besinnen und einen Neuanfang zu starten, zündeln die Nationalisten weiter. Um ihre populistischen Ziele zu erreichen, scheinen sie auch den Zerfall der Gemeinschaft in Kauf zu nehmen. Die Nationalisten unter den Politikern übersehen dabei, dass die Zukunft Europas nicht hier entschieden wird, sondern in Afrika und im Nahen Osten – in den Herkunftsländern jener Menschen, für die Europa der Kontinent ist, wo Milch und Honig fließen. Setzen sie sich in Bewegung, um ebenfalls vom scheinbaren Überfluss in Europa zu profitieren, würde das auch eine funktionierenden EU vor nicht bewältigbare Probleme stellen. Einzelne Staaten – und darauf zielt die Politik der Nationalisten letztlich ab – hätten dann erst recht keine Chance.
Es wird also nötig sein, in den Herkunftsländern der Millionen Menschen, die vom goldenen Westen träumen, für stabile Verhältnisse zu sorgen; dafür, dass die Menschen dort mit ihrer Hände Arbeit ihren Lebensunterhalt und den ihrer Familie finanzieren können. Das funktioniert nicht, indem die reichen europäischen Staaten sich mit ein paar Entwicklungshilfe-Millionen ein reines Gewissen erkaufen. Es braucht Begegnungen auf Augenhöhe, wirtschaftliche Projekte, die über Hilfsmaßnahmen hinausgehen.
Der scheidende Präsident der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, hat zum Beispiel einen mit 44 Milliarden Euro dotierten Afrika-Fonds aufgelegt, um kleine und mittlere Betriebe dazu zu bringen, in Afrika zu investieren. Die EU-Staaten sollten ihrerseits 44 Milliarden Euro aufbringen, um diesen Plan umzusetzen. Passiert ist so gut wie nichts. Ändert sich diese Haltung nicht rasch und nachhaltig, braucht sich niemand zu wundern, wenn sich die Massen an Unzufriedenen und Hungernden in den betroffenen Staaten schon bald auf den Weg machen.

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