TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Kontrollen ja, aber warum jetzt?“, von Mario Zenhäusern

Ausgabe vom 26. August 2017

Innsbruck (OTS) - Bundesheer-Einsatz trotz sinkender Flüchtlingszahlen in Italien, Einberufung des Nationalen Sicherheitsrates: Die heimische Sicherheitspolitik verkommt im Wahlkampf zum populistischen Duellplatz.

Um eines gleich vorweg klarzustellen: Selbstverständlich ist es Aufgabe der Politik, für größtmögliche Sicherheit im Land zu sorgen. Dazu gehört in Zeiten löchriger EU-Außengrenzen und der ungelösten Flüchtlingskrise auch die Kontrolle der Grenzen, um die illegale Migration so weit als möglich einzudämmen. Ebenso selbstverständlich muss die Exekutive nach den Attentaten der jüngeren Vergangenheit alles daransetzen, Terrorismus in all seinen Erscheinungsformen möglichst im Keim zu ersticken. Deshalb ist es natürlich legitim, dass Innen- und Justizminister ein Sicherheitspaket mit möglichst weitreichenden Kompetenzen fordern, um für etwaige Anlassfälle gewappnet zu sein.
Allerdings bekommen wir derzeit ein Bild von Österreich vermittelt, das mit der Realität so gar nicht übereinstimmen will. Es hat den Anschein, als stünde das Land unmittelbar vor einer gewaltigen Bedrohung. Entlang der Brennerstrecke suchen Polizei und Bundesheer gemeinsam (und medienwirksam) in Zügen und auf Lastwagen nach Flüchtlingen. Nach dem Terroranschlag in Barcelona verlangten Innen- und Justizminister gar die Einberufung des Nationalen Sicherheitsrates, um ihrer Forderung nach einer gesetzlichen Neuordnung des Handlungsspielraums von Exekutive und Justiz Nachdruck zu verleihen. Parallel dazu verschärft sich die Wortwahl mancher „Law and order“-Politiker. Die heimische Sicherheitspolitik verkommt so zum populistischen Duellplatz, auf dem sich die Kontrahenten mit ihren Forderungen gegenseitig zu überbieten versuchen.
Noch einmal: Es geht nicht um die einzelnen Maßnahmen, die, für sich betrachtet, durchaus Sinn machen können. Hinterfragenswert ist vielmehr, warum die Forderungen jetzt erhoben, die Soldaten jetzt in Marsch gesetzt wurden. Die Zahl der Flüchtlinge, die in Italien stranden, war zuletzt rückläufig, jene der Aufgriffe Illegaler in Österreich stagniert. Und das Sicherheitspaket könnte auch vom neuen, am 15. Oktober zu wählenden Parlament beschlossen werden. Warum also jetzt?
Die Verantwortlichen müssen sich die Frage gefallen lassen, ob sie nicht aus wahlkampftaktischen Gründen Gefahrenszenarios entwickeln, die nicht oder nicht in diesem Ausmaß vorhanden sind. Wenn das so ist, spielen sie mit der Glaubwürdigkeit der Politik. Säbelrasseln zur Stimmenmaximierung verärgert die Nachbarn und sorgt in der ohnedies beunruhigten Bevölkerung für zusätzliche Verunsicherung. All das kann Österreich zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht brauchen.

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