TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Kurzsichtig bei den Freizeitwohnsitzen“, von Peter Nindler

Ausgabe vom 25. August 2017

Innsbruck (OTS) - Viele Maßnahmen gegen das unkontrollierte Wachstum von (illegalen) Freizeitwohnsitzen in Tirol haben sich als politische Augenauswischerei herausgestellt. Die Politik im Land und die Bürgermeister hat der Mut verlassen.

Die Politik hat längst kapituliert, 16.000 genehmigte Freizeitwohnsitze haben die Bodenpolitik in den vergangenen Jahrzehnten ausgehebelt. Dazu kommen noch mindestens 10.000 Immobilien, die vor den Augen der Bürgermeister illegal genützt werden; weil die Ortschefs nicht hinschauen wollen und weil man sich längst damit abgefunden hat. Die in den 1970er- und 1980er-Jahren gewidmeten Freizeitdomizile, die vielerorts die 20-Prozent-Marke locker übertreffen, muss das Land wohl oder übel schlucken. Die Sünden aus der Vergangenheit sind aber dafür verantwortlich, dass die Grundstückspreise in den Gunstregionen explodieren. Und wohl noch weiter steigen. Schließlich erwerben jährlich rund 1300 Bürger aus anderen EU-Ländern Immobilien in Tirol.
Dass auf Bauernhöfen neue Freizeitwohnsitze errichtet werden können, ist jedoch ein schwarz-grüner Sündenfall von heute. Unabhängig davon, dass bisher noch um keinen einzigen angesucht wurde, hat die Landeskoalition ein verheerendes Signal ausgesendet. Warum eigentlich, wenn keine Notwendigkeit dafür besteht? Vielleicht soll unter dem Legalisierungs-Mäntelchen der zum Luxusappartement ausgebaute Heustadl weiter unentdeckt bleiben. Allerdings müsste es dem auf die Scholle getrimmten ÖVP-Bauernbund („Bauernland in Bauernhand“) wohl ganz schwarz vor Augen werden, wenn Immobilienmakler bereits Bergbauernhöfe mit Freizeitwidmung um eine Million Euro anbieten. Wie ein Bergbauernhof dazu kommt, ist eine andere Geschichte.
Von den kalten Betten profitieren jedenfalls die Tourismusverbände; zumindest von den legalen Ferienwohnungen. Brav entrichten die Gäste nämlich pro Jahr fünf Millionen Euro an Nächtigungsabgaben. Die Gemeinden gehen hingegen leer aus, obwohl sie für die gesamte Infrastruktur aufkommen. AK und Gemeindeverband sprechen deshalb von einem Systemfehler und fordern eine Freizeitwohnsitzpauschale für die Kommunen. Aber eine Änderung des Aufenthaltsabgabengesetzes kam der Landesregierung bisher nicht in den Sinn.
Gleichzeitig hat die Bürgermeister wohl der Mut verlassen: Noch 2013 haben sieben namhafte Tiroler Gemeindechefs aus Tourismushochburgen eine Petition für mehr rechtliche Instrumente unterschrieben, um gegen illegale Freizeitwohnsitze vorzugehen. Das hat sich so wie vieles beim angekündigten Vorgehen gegen das unkontrollierte Wachstum von Freizeitwohnsitzen als Augenauswischerei herausgestellt.

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