TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Migration bleibt Hauptthema“, von Mario Zenhäusern

Ausgabe vom 19. Oktober 2017

Innsbruck (OTS) - Österreich und Deutschland kämpfen in der Flüchtlingspolitik mit identen Problemen. Bei der Regierungsbildung verfolgen beide Länder andere Ziele: Merkel bastelt an einer liberalen Koalition, in Österreich garantieren ÖVP und FPÖ einen härteren Kurs.

Nicht nur in Österreich, auch in Deutschland laufen derzeit Regierungsverhandlungen. Angela Merkel steht seit gestern vor der schwierigen Aufgabe, vier inhaltlich gegensätzliche Gruppierungen – CDU, CSU, Grüne und FDP – zur so genannten Jamaika-Koalition zu verschmelzen. An und für sich eine „Mission impossible“, aber Merkel hat keine andere Wahl, weil Martin Schulz und die SPD nicht weiter Juniorpartner in einer großen Koalition sein wollen und stattdessen die Oppositionsbank vorziehen.
In dieser Situation, so unken jetzt manche in Deutschland, komme das österreichische Wahlergebnis zur Unzeit. Der Rechtsruck in Rotweißrot würde lediglich der immer schon widerspenstigen CSU den Rücken stärken, die Koalitionsverhandlungen aber sicher nicht erleichtern.
Dabei negieren die Kritiker die Tatsache, dass Deutschland vor nahezu identen Problemen steht wie Österreich. Bei der Bundestagswahl im September spielte ebenso wie am Sonntag in Österreich ein Thema die Hauptrolle: die Probleme, mit denen beide Länder im Bereich der Migration kämpfen. Seit der historischen Grenzöffnung durch Werner Faymann und Angela Merkel treibt die rechtspopulistische „Alternative für Deutschland“ (AfD) die Regierungen in Bund und Ländern mit ausländerfeindlichen Parolen vor sich her. Selbst in Bayern, wo bis jetzt die alte Strauß-Doktrin galt, wonach rechts von der CSU keine demokratisch legitimierte Partei mehr Platz haben darf, sammelt die AfD immer mehr Anhänger. Am Montag versah die mit Abstand auflagenstärkste deutsche Tageszeitung – Bild – ein großes Foto von Sebastian Kurz mit dem Titel „Warum haben wir nicht auch so einen?“ – ein weiteres Signal dafür, dass die Situation in Deutschland um nichts besser ist als in Österreich.
Es stimmt, Österreich ist ein gutes Stück nach rechts gerückt. FPÖ, ÖVP, in manchen Bereichen auch die SPÖ und sogar das grüne Urgestein Peter Pilz vertreten eine restriktive Flüchtlingspolitik. Daraus aber abzuleiten, eine schwarz-blaue Koalition in Wien würde die Bildung einer liberalen Regierungskoalition in Deutschland behindern, ist an den Haaren herbeigezogen. Dann müssten auch die Rechtspopulisten in Finnland, Norwegen, Schweden, Dänemark, Großbritannien, den Niederlanden oder Frankreich Merkels schwarz-grün-gelbe Ambitionen beeinflussen.
Österreichs neue Regierung wird international in erster Linie daran zu messen sein, ob sie sich klar und unmissverständlich zur EU bekennt. Solange sie das tut, gibt es keinen Grund, mit dem Finger auf sie zu zeigen.

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