TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ Mittwoch, 24. Mai 2017, von Gabriele Starck: „Der Terror will die Gesellschaft spalten“

Innsbruck (OTS) - Der Massenmörder von Manchester hat das Verletzlichste einer Gesellschaft angegriffen – ihre Kinder. Und doch darf sich Europa nicht in die Geiselhaft des Bösen begeben, indem es seine eigenen Grundpfeiler untergräbt.

Es ist zu ertragen, solange es abstrakt bleibt. Doch gestern ist es nicht dabei geblieben. Kein Bild, keine Schilderung vom Anschlag in Manchester kann das Grauen übertreffen, das der eine Gedanke auslöst:
Was, wenn das eigene Kind bei diesem Konzert gewesen wäre? Zunächst die Ungewissheit, und dann für einige noch sehr viel schlimmer – die Gewissheit ...
Die zahlreichen Attentate der vergangenen Monate haben erschreckt, doch die Halbwertszeit des Entsetzens bei den Nicht-Betroffenen ist kürzer geworden. Dem Massenmörder von Manchester ist es zumindest gelungen, die Aufmerksamkeit für kurze Zeit höchstmöglich zu steigern, indem er das Verletzlichste einer Gesellschaft angegriffen hat – ihre Kinder.
Ein Mittel des Kampfes übrigens, das vielerorts kein unbekanntes ist. Die 276 zwölf- bis 17-jährigen Schülerinnen aus Chibok, die von der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram vor drei Jahren in Nigeria als Geiseln genommen wurden, sind ein Beispiel dafür.
Ungeachtet dessen, ob der Attentäter von Manchester so strategisch dachte, was eher unwahrscheinlich ist angesichts der kleinkriminellen Biografien der meisten selbsternannten Terroristen bislang: Zum Grauen gesellt sich schnell Abscheu. Und der Abgrund des Bösen droht so auch die Angegriffenen mitzureißen.
Und das ist das eigentliche Ziel jeglichen Terrorismus’ – egal, ob unter dem Deckmantel einer politisch rechts- bzw. linksextremen oder einer religiös-fanatischen Ideologie. Der Terror soll Angst schüren, Hass säen und die Gesellschaft spalten. Denn nur so gelingt es, ein zum Feindbild erklärtes System zu erschüttern.
So versucht auch der Terrorverein IS mithilfe willfähriger Gehilfen in Europa, die Gesellschaft dazu zu bringen, ihre Grundpfeiler selbst zu untergraben: die Freiheit durch erweiterte Polizeibefugnisse und Überwachung, die Offenheit und Toleranz durch neue Ressentiments und Mauern im Kopf und die Selbstbestimmtheit durch die Angst, man selber könnte ein Opfer werden.
Bei all dem Unvorstellbaren, dass einem das Liebste genommen werden könnte, und dem Unerträglichen, wenn es tatsächlich passiert:
Die beste Waffe gegen den Terror ist, sich von ihm nicht in Geiselhaft nehmen zu lassen. Wir dürfen es keineswegs hinnehmen, dass wir angegriffen werden. Aber wir dürfen es noch weniger zulassen, dass wir uns selbst einengen und repressiven und autoritären Anschauungen annähern.

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