TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ Mittwoch, 26. Juni 2019, von Theresa Mair: „Gott geht das Personal aus“

Innsbruck (OTS) - Leere Kirchenbänke, Skandale, akuter Priestermangel: Die Kirche steht vor vielen Baustellen. Mit engagierten PR-Aktionen allein wird sie es nicht richten können. Sie muss wieder näher zu den Menschen und dafür braucht es endlich Einschnitte.

In Zeiten, in denen das Innsbrucker Priesterseminar mit 100 Anwärtern voll belegt war, wurde der hundertste Seminarist „Hunderter“ genannt. Lang ist’s her. Der „Hunderter“ ist schon vor einer Weile gestorben. Aktuell beherbergt das weitläufige Gebäude in der Riedgasse gerade einmal zehn Seminaristen aus drei Diözesen – Innsbruck, Feldkirch und Linz.
Das Personal geht aus. Wenn man sich vor Augen führt, dass ein Priester in der Diözese Innsbruck im Normalfall bereits drei bis vier Pfarren zu betreuen hat, dann gibt es an der prekären Lage der katholischen Kirche nichts zu beschönigen. Nicht zu vergessen, dass der Altersdurchschnitt der Pfarrer bereits extrem hoch ist. Diesen Sonntag wird bei der Priesterweihe im Stift Wilten nur ein Ordensmann geloben, in Armut, Gehorsam und Zölibat zu leben. Die Kirche hat Handlungsbedarf.
Natürlich kann sie weiterhin die Werbetrommel rühren. Es steht das Angebot, das Leben im Kloster auf Zeit auszuprobieren oder seine geistliche Berufung im Propädeutikum in Linz erst einmal selbst zu prüfen. Der eine oder andere wird sicher bleiben.
Bischof Hermann Glettler bemüht sich im Rahmen der Schaffung der Seelsorgeräume in der Diözese, ganze Teams aus Priestern, Aushilfspfarrern und Kaplanen zu bilden, die in Gemeinschaft leben könnten. So möchte er der Vereinsamung von „Einzelkämpfern“ vorbeugen. Das Motto: Ein Leben im Zölibat soll kein beziehungsloses Leben sein. Bei allem Respekt gegenüber diesen Bemühungen, um den Priestermangel auszugleichen, reichen sie offensichtlich nicht aus. Ohne eine Veränderung der Rahmenbedingungen wird alles Engagement ins Leere laufen.
Es zeichnet sich im Machtzentrum der Kirche jetzt allerdings ab, was für viele Gläubige – und damit potenziell Berufene – längst auf der Hand liegt: Der Zölibat muss weg. Im Vorfeld der Amazonas-Synode im Oktober hat der Vatikan angekündigt, prüfen zu lassen, ob in Gegenden akuten Priestermangels – wie dem Regenwaldgebiet – ältere, respektierte Familienväter zu Priestern geweiht werden könnten. Auch die Eignung von Frauen als Diakoninnen soll diskutiert werden. Der Vorarlberger Bischof Benno Elbs, der Pastoraltheologe Paul Zulehner sowie deutsche Kirchenvertreter haben sich zu diesen Überlegungen bereits positiv geäußert. Für die Kirche ist es eine Überlebensfrage, ob sie endlich in der Lebensrealität der Menschen ankommt. Nicht nur die Menschen brauchen die Kirche. Heute braucht die Kirche die Menschen noch viel mehr.

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