TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Polit-Kalkül ist fehl am Platz“, Ausgabe vom 18. August 2021 von Karin Leitner.

Innsbruck (OTS) Die Menschenrechtskonvention, Appelle der UNO und des Koalitionspartners – all das ist der Kanzlerpartei egal.
Sie setzt trotz der dramatischen Lage in Afghanistan auf ihr bewährtes Mittel: den Populismus.

Jetzt hat sich auch der Bundespräsident zur Causa Afghanistan gemeldet. Sein Befund: Menschen ob der dortigen Lage in dieses Land abzuschieben, sei „fehl am Platz“. Eine solche Vorgangsweise widerspreche der in der hiesigen Verfassung verankerten Europäischen Menschenrechtskonvention. Ein deutlicher Befund des Staatsoberhaupts. Wenngleich nicht adressiert an eine bestimmte Partei – weil der einstige Grünen-Chef als unabhängiges Staatsoberhaupt wahrgenommen werden will. Klar ist dennoch: Es ist eine Botschaft an die Kanzlerpartei ÖVP. Deren Spitzenvertreter haben trotz der Vorkommnisse in Afghanistan dafür plädiert, Menschen dorthin zu bringen. Innenminister Karl Nehammer hat sich gegen einen Abschiebestopp in dieses Land verwahrt.
Vertreter vieler europäischer Staaten taten das zu Recht nicht. Detto das UNO-Flüchtlingshochkommissariat und UNO-Generalsekretär António Guterres. Er appelliert an die Weltgemeinschaft, afghanische Flüchtlinge aufzunehmen.
All das prallt am Populismus der Türkisen ab, auch das Völkerrecht ist ihnen egal. Der Protest des Koalitionspartners, der Grünen – von Vizekanzler Werner Kogler abwärts –, ficht sie ebenfalls nicht an. Die ÖVP-Spitzenleute schielen auf Umfragewerte, hoffend, dass eine Mehrheit der österreichischen Bürger ihren Kurs gegen Ausländer, Flüchtlinge und Asylwerber goutiert – und im U-Ausschuss belegte Missstände negiert. Der wahlkämpfende oberösterreichische ÖVP-Geschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer bringt die – von der FPÖ gewollte – Sicherungshaft erneut auf das Tapet: Wenn vorerst nicht möglich sei, abzuschieben, müssten „rasch Vorkehrungen getroffen werden, um verurteilte und zur Abschiebung vorgesehene Straftäter in Verwahrung zu behalten“, konstatiert er.
Wie kann man angesichts der Zustände wegen der nunmehrigen Machthaber, der radikalislamischen Taliban, versuchen, innenpolitisches Kleingeld zu schlagen? Wie kann man, im feinen Polit-Sessel sitzend, so empathielos sein? Wie kann man die täglichen Bilder von Hilfesuchenden, zuvorderst von Frauen und Mädchen, ausblenden, die fürchten, getötet zu werden, die schon bisher wegen patriarchaler Strukturen, Misshandlungen und Zwangsverheiratungen gelitten haben?
Abschiebungen seien „fehl am Platz“, sagt Van der Bellen. Fehl am Platz sind auch Kalkül und emotionale Kälte. Geboten ist Unterstützung. Moralische Bankrotterklärungen sollten auf der Agenda von niemandem sein.

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