TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Verzockt, aber nicht aus dem Spiel“, von Christian Jentsch

Ausgabe vom Freitag, 30. August 2019

Innsbruck (OTS) Im Poker um die „ganze Macht“ hat sich der Chef der rechtspopulistischen Lega, Matteo Salvini, verzockt. Die Fünf Sterne und die Sozialdemokraten haben ihn ausgebootet. Doch aus dem Spiel sind Salvini und seine Lega noch lange nicht.

Wer bis vor Kurzem in Italien auf eine neue linke Regierung aus der zuletzt stark schwächelnden populistischen Fünf-Sterne-Bewegung und den arg gebeutelten Sozialdemokraten gesetzt hätte, wäre wohl für verrückt erklärt worden. Nun soll der amtierende Premier Giuseppe Conte, der erst kürzlich seinen Rücktritt eingereicht hat, eben eine solche Koalition als neuer Regierungschef anführen. Möglich gemacht hat diese Konstellation der Chef der rechtspopulis­tischen Lega, Matteo Salvini. Aufmunitioniert mit Rekordwerten in Umfragen – seine Lega kam auf bis zu 38 Prozent der Stimmen – sprengte er Anfang August die Koalitionsregierung mit den Sternen, von deren Glanz bei Wahlen und Umfragen zuletzt nicht mehr viel übrig geblieben ist. Salvini war sich seiner Sache sicher. Er spekulierte mit raschen Neuwahlen noch im Herbst, um die glänzenden Umfragewerte für sich und seine Lega in politische Macht umzumünzen. Das Amt des Innenministers, mit dem der Lega-Chef die Richtung Italiens bestimmte, war ihm nicht mehr genug. Er wollte so rasch wie möglich an die Spitze der Regierung, bat die Italiener „um die ganze Macht“ und feierte sich bei seiner Beach-Tour im August als Volkstribun, den die verfassungsrechtlichen Bestimmungen nicht wirklich kümmern. Doch Salvini hat sich verzockt. Trotz aller Verschiedenheiten und Animositäten einigten sich die Sozialdemokraten der Demokratischen Partei und die Fünf Sterne auf eine Koalitionsregierung, die bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2023 halten soll. Salvini muss am vorläufigen Höhepunkt seiner politischen Karriere wohl den Gang in die Opposition antreten.
Es ist ein herber Rückschlag für den Rechtspopulisten, der mit dem Aufkündigen der Koalition mit den Sternen auch viele seiner eigenen Wähler vergrault hat. Salvinis Plan ging nach hinten los. Doch er und seine Lega sind noch längst nicht aus dem Spiel. Die vermutlich neue Koalitionsregierung aus Fünf Sternen und Sozialdemokraten muss zahlreiche Hürden überwinden, um auch wirklich an einem Strang zu ziehen. Und sie wird, um die immense Staatsverschuldung einzudämmen und den Haushalt zu konsolidieren, wohl auch unpopuläre Maßnahmen treffen müssen. Und das wird der begnadete Wahlkämpfer Salvini aus der Oppositionsrolle heraus für sich zu nützen wissen. Salvini wird sein Ziel, Regierungschef zu werden, nicht aufgeben. Und er wird alles daran setzen, der neuen Regierung ein rasches Ende zu setzen.

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