Tiroler Tageszeitung „Leitartikel“ vom 02.06.10 von Peter Nindler „Oben und unten endlich umdenken“

Innsbruck (OTS) - Die Boden- und Widmungspolitik läuft in Tirol aus dem Ruder. Die flächenfressenden Chaletdörfer symbolisieren die Fehl-entwicklung am deutlichsten. Dazu kommen noch Immobilienspekulation und interessenpolitische Streicheleinheiten.

Die Realität im Lebensraum Tirol hinkt den politischen Absichtserklärungen oft meilenweit hinterher; vor allem, was die zukunftsorientierte Nutzung von Grund und Boden betrifft. Doch die Raumplanung wird zum entscheidenden Kriterium für leistbares Wohnen, aber auch für die wirtschaftliche und touristische Entwicklung im Land. Sie funktioniert allerdings nicht, weil sie interessenpolitisch zwischen Gemeindeautonomie, Landwirtschaft, Tourismus- und Freizeitwirtschaft sowie Handel, Gewerbe und Industrie aufgesplittet ist. Jeder will sich seinen Fleck in Tirol sichern. Bei lediglich zwölf Prozent siedelbarer Fläche regieren deshalb die Ellenbogen und die Zielsetzungen für die Siedlungsentwicklung werden gnadenlos ausgehebelt.
Was in Tirol falsch läuft, zeigt der Konflikt über die geradezu boomenden Chaletdörfer. 21 sind landesweit bereits errichtet worden bzw. in Planung. Sie stechen durch großen Grundverbrauch hervor, der jenen von traditionellen Hotelanlagen bei Weitem übertrifft. Allein im Pitztaler Wenns sind auf 8000 Quadratmetern 80 Betten vorgesehen. Hotels mit 200 Betten kommen mit der Hälfte aus. Trotzdem ermöglicht die Politik ganz oben im Land und ganz unten in den Gemeindestuben diese touristische Fehlentwicklung. Zu viele Interessen stehen nämlich auf dem Spiel, schlussend­lich wird mit Wertschöpfung außerhalb der Chaletdörfer argumentiert. Wie bei den modernen Designer- und Billighotels.
Gleichzeitig prangern insbesondere die Bauernbundfunktionäre den jährlichen Grundverbrauch in Tirol an. 650 bis 700 Fußballfelder werden laut Umweltanwaltschaft verbaut. Wenn nicht die Chaletdörfer den Flächenfraß symbolisieren, was dann? Die schwarz-grüne Landesregierung hat sich leider nur halbherzig dagegengestemmt, jetzt ist freilich Feuer am Dach. An allen Ecken und Enden brennt der Hut:
Immobilienspekulation (in Innsbruck), Investorenmodelle bei Beherbergungsbetrieben am Rande der Legalität, auf Bürger aus anderen EU-Staaten entfallen bereits ein Viertel der Grundstückserwerbe, Freizeitwohnsitzproblematik mit 16.200 erlaubten und 10.000 illegalen Ferienwohnungen sowie 3000 Hektar Bauland, das brachliegt.
Deshalb muss die Landespolitik reagieren; konsequent und ohne interessenpolitische Streicheleinheiten. Das trifft auch auf die Bürgermeister zu. Mit ihrer Widmungspolitik sind sie hauptverantwortlich für die Fehlentwicklung im Land. Eben darum benötigt es ein politisches Umdenken: ganz oben und ganz unten.

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