Tiroler Tageszeitung „Leitartikel“ vom 03.05.2019 von Serdar Sahin „Etwas läuft schief im Staate Österreich“

Innsbruck (OTS) Umfragen zeigen hierzulande mangelhaftes Wissen über den Holocaust – ein zutiefst beschämender Befund. Es sind verpflichtende KZ-Besuche für jeden Schüler nötig – und „Politische Bildung“ als eigenständiges Fach.

Im Staate Österreich läuft etwas gehörig schief. Eine Umfrage internationaler jüdischer Organisationen unter 1000 Österreichern fördert massive Bildungslücken und alarmierende Ansichten zutage. Demnach weiß mehr als die Hälfte der Österreicher nichts von der Zahl ermordeter Juden. Fast 70 Prozent glauben, dass Österreich sowohl Täter als auch Opfer in der Nazi-Zeit gewesen ist. Knapp jeder Vierte glaubt, dass der Nationalsozialismus wieder an die Macht kommen könnte. Und das ist nur ein kleiner Auszug aus dieser Erhebung.
Nun gibt es zahlreiche Gedenkveranstaltungen, die Schreckensherrschaft der Nazis ist im Lehrplan verankert. Holocaust-Überlebende besuchen Schulen und erzählen von ihren schrecklichen Erlebnissen. Und dann das.
Es wäre aber unfair, nur die Jungen in die Pflicht zu nehmen. Gefragt nach Konzentrationslagern der Nazis in Österreich, konnten nämlich 42 Prozent der Befragten das ehemalige Todeslager in Mauthausen nicht nennen – also jeder Vierte.
Und das ist nicht die einzige Studie, die gravierende Informationsmänge­l offenbar­t. Eine Erhebung des US-Nach­richtensenders CNN vergangenen November zeigte, dass zwölf Prozent der 18- bis 34-Jährigen noch nie etwas vom Holocaust gehört haben. 40 Prozent der über 34-Jährigen in Österreich räumten ein, „nur wenig“ über den Holocaust zu wissen. Das waren die schlechtesten Werte in den sieben EU-Staaten, in denen CNN die Umfrage durchgeführt hat. Ein zutiefst beschämendes Ergebnis – gerade für Österreich. Wer trägt die Schuld dafür, dass trotz der vielfältigen Aufklärung so viele hiesige Menschen so wenig über die damaligen Geschehnisse wissen? Es ist wohl kollektives Versagen – das von Lehrern, Eltern, Medien und Politikern.
Es ist die geballte Kraft aller in diesem Land nötig, um diese Wissenslücke zu schließen – oder zumindest massiv zu verkleinern. Ein Schritt in diese Richtung wäre der verpflichtende Besuch eines jeden Schülers in einem Konzentrationslager. Daran führt kein Weg vorbei. Seit diesem Schuljahr ist „Politische Bildung“ ein Pflichtmodul ab der sechsten Schulstufe – allerdings im Rahmen des Geschichte-Unterrichts. „Politische Bildung“ sollte aber als eigenständiges Fach etabliert werden, um grundlegendes Wissen über die Nazi-Herrschaft besser zu vermitteln.
Denn Judenhass ist nicht nur Geschichte, er ist auch Gegenwart.

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