TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 11. März 2021 von Serdar Sahin „Ein massiver Eingriff in die Freiheit“

Innsbruck (OTS) Der Plan der Regierenden, bereits ein Treffen von vier Personen aus zwei Haushalten als Veranstaltung zu werten und zu untersagen, geht deutlich zu weit. Wer soll das überhaupt kontrollieren? Das Gesetz darf so nicht kommen.

Die Corona-Pandemie hält uns seit über einem Jahr fest im Griff. Neue Erkenntnisse über das Virus führten und führen dazu, die Regeln ständig neu zu definieren – also die bestehenden Gesetze der aktuellen Wissenslage anzupassen. Nicht immer klappte das friktionsfrei, Gesetze mussten zurückgezogen und überarbeitet werden, weil sie unklar formuliert waren und manchmal auch der Verfassung widersprachen. Ein Entwurf zur Novelle des Epidemiegesetzes und des Covid-19-Maßnahmengesetzes reiht sich hier ein. Neben den geplanten Verschärfungen bei den Ausgangsbeschränkungen will die Regierung auch, dass schon Zusammenkünfte von zumindest vier Personen aus zumindest zwei unterschiedlichen Haushalten als eine Veranstaltung gelten sollen – und somit untersagt werden dürfen. Egal ist dabei, ob das Treffen im öffentlichen oder im privaten Raum stattfindet, wobei festgehalten wird, dass im privaten Wohnbereich nicht kontrolliert wird. Private Treffen unter Personen, die einander kennen, sollen aber anders behandelt werden als unter Menschen, die sich fremd sind. Prinzipiell wird in dem Gesetzesentwurf auch nicht zwischen Erwachsenen und Kindern unterschieden.
Verständlich ist, alles zu tun, um das Virus wirksam zu bekämpfen und die weitere Ausbreitung zu verhindern – vor allem mit Blick auf die schleppend voranschreitenden Impfungen. Doch was die Regierung hier vorhat, ist ein massiver Eingriff in die Freiheit der Menschen. Es fehlt die Ausgewogenheit der Maßnahmen, sie schießen deutlich über das Ziel hinaus. Zwei Erwachsene und zwei Jugendliche können schon eine Veranstaltung sein? Echt jetzt? Abgesehen davon, dass die Kontakte deutlich eingeschränkt werden sollen: Wer soll das alles kontrollieren? Werden dann alle Vierer-Gruppen, die in Parks oder sonst wo spazieren, angehalten und danach gefragt werden, ob sie sich kennen und woher – und das noch glaubhaft gegenüber den Kontrolleuren machen? Die Polizei hat jetzt schon alle Hände voll zu tun, ob die Kapazitäten dafür reichen, kann zumindest bezweifelt werden.
Wer denkt, es habe genug Zeit für die Begutachtung dieser Materie gegeben, irrt. Sechs Tage durfte die Novelle geprüft werden. Juristen kritisieren das – üblich seien sechs Wochen, sagen sie. Klar, das Virus wartet nicht auf so was. Angesichts dieser drastischen Freiheitsbeschränkungen wäre eine längere Prüfungsphase trotzdem nötig. Am besten wäre es sowieso, das Ganze noch einmal zu überdenken.

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