TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel vom 11. Mai 2020 von Christian Jentsch – „Wenn Transparenz zu Grabe getragen wird“

Innsbruck (OTS) US-Präsident Trump hat in der Corona-Krise zuletzt China und die WHO ins Visier genommen. In Sachen Transparenz gibt es von beiden Erklärungsbedarf. Doch auch in Europa gerät Transparenz in der Krise ins Hintertreffen.

Während in Europa und den USA Covid-19 noch grassierte, die Todeszahlen kontinuierlich nach oben kletterten und die Welt in einer Art Schockstarre verharrte, wurde Anfang April die zentralchinesische Stadt Wuhan – wo das neuartige Virus erstmals auftrat und die Pandemie ihren Anfang nahm – nach zweieinhalbmonatiger kompletter Abriegelung wieder geöffnet. Die Führung in Peking erntete Bewunderung für ihren Erfolg im Kampf gegen das Virus. Doch die brachialen Methoden, die Peking in der Millionenstadt Wuhan und der Provinz Hubei anwandte, brachten massive Kollateralschäden mit sich. Die Grundrechte der Bürger wurden weiter massiv beschnitten. Und von Transparenz im Umgang mit der Krise kann keine Rede sein – weder in Bezug auf die Maßnahmen noch was eine internationale Untersuchung zum Ursprung des Virus betrifft. Da blockte Peking stets ab.
Auch wenn US-Präsident Donald Trump mit seiner zuletzt harschen Kritik an Chinas Umgang mit der Corona-Krise wohl in erster Linie von seinem miserablen Krisenmanagement abzulenken versuchte, hat er nicht ganz Unrecht. Zuerst wollte man den Ausbruch der Epidemie vertuschen, dann ging man mit dem Vorschlaghammer vor. Von Transparenz war nicht die Rede. Und wer sich lange gegen eine internationale Untersuchung stemmt, macht sich schließlich verdächtig. Auch Trumps Kritik an der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist nicht von der Hand zu weisen. Ja, der Einfluss Chinas in der UNO-Sonderorganisation ist groß, Peking steht hinter Generalsekretär Tedros und dieser wird einen Teufel tun, um seine Gönner zu ärgern. Doch nicht nur China, auch die USA sind ein gewichtiges Mitglied und wissen ihre Macht auszuspielen. Eines ist jedenfalls klar: Transparenz ist nicht gerade die bevorzugte Methode im Umgang mit der Corona-Krise und bei der Bekämpfung der Pandemie. Und das leider nicht nur in China. Auch in Europa drohen Grundrechte unter die Räder zu kommen. Gerade in den westlichen Demokratien ist Transparenz ein wichtiges Fundament des Rechtsstaates. Es muss gefragt und hinterfragt werden dürfen, lieber mehr als weniger. Notstandsgesetze und Verordnungen dürfen nur zeitlich eng befristet gelten. Doch in der Krise wird deutlich, dass demokratische Selbstverständlichkeiten rasch zur Seite geschoben werden. China scheint in der Krise auch in Teilen Europas gar nicht mehr so weit entfernt zu sein.

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