TIROLER TAGESZEITUNG: Leitartikel vom 13. Dezember 2017 von Michael Sprenger – Blassblaue Handschrift

Innsbruck (OTS) - Die Verhandler von Volkspartei und Freiheitlichen üben schon ihre Unterschrift für den Abschluss
des Regierungsabkommens. Sie haben Veränderung versprochen. Und diese wird kommen.

Wolfgang Schüssel zitierte mit Beginn seiner schwarz-blauen Kanzlerschaft gerne aus dem Roman „Der Leopard“ von Giuseppe Tomasi de Lampedusa: „Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, dann ist es nötig, dass sich alles verändert.“ Schüssel formulierte fortan die Inhalte, verfolgte eine Agenda. Der Koalitionspartner nickte brav ab – und machte sein Ding.
Schüssels Regierung kämpfte von Anfang an mit massiver Gegenwehr, musste Abstriche machen – und konnte nach der Implosion der FPÖ einen großen Wahlerfolg feiern. Sechs Jahre später scheiterte das Projekt trotzdem – mit den sattsam bekannten Folgen. Die SPÖ kehrte zurück in das Kanzleramt. Und Jahre später sitzen nun Schüssels Finanzminister Karl-Heinz Grasser und 14 weitere Angeklagte auf der Anklagebank. Die Dramaturgie der laufenden Koalitionsverhandlungen wollte es so. In wenigen Tagen wird die SPÖ zur Oppositionspartei degradiert werden – und die ÖVP wird mit der FPÖ wieder eine Regierung bilden. Wiederholt sich also das Jahr 2000? Zumindest die Rahmenhandlung ist vergleichbar. Doch die Voraussetzungen sind andere. Schüssel setzte erst mit dem Einzug in das Kanzleramt auf Veränderung. Der künftige Bundeskanzler Sebastian Kurz warb im Wahlkampf mit dieser. Die Veränderung wird auch kommen. Aber anders als unter Schwarz-Blau zwischen 2000 und 2006 ist es jetzt die FPÖ, die sich aktiv einbringt und es versteht, die ÖVP-Ideen aufzusaugen, sie zu den ihren zu machen. Eine Umkehr des Wahlkampfes gewissermaßen. Die FPÖ vermischt das Türkise in der ÖVP mit Blau und sorgt so im Regierungsprogramm für eine blassblaue Handschrift. Die Bildungspolitik wird retro, die Kammern bleiben bestehen, aber werden geschwächt, Studiengebühren kommen wieder, der ORF wird umgebaut, der Nichtraucherschutz fällt, bevor er noch eingeführt worden ist, die Macht der Sozialpartner wird gebrochen, die Arbeitszeitregelung liberalisiert, die EU wird zwar bejaht, aber die Rolle des Musterknaben hat ausgedient. Was ÖVP und FPÖ bei alldem nützt, ist eine kaum spürbare Gegenöffentlichkeit. Die Zivilgesellschaft wirkt müde, die SPÖ sucht sich selbst, die Grünen befinden sich in Auflösung.
Dies alles dient vorerst einmal der künftigen Bundesregierung, eine konservative Hegemonie herzustellen. Gelingt ihr das, dann könnte Schwarz-Blau ein längeres Projekt werden.

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