TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 13. Jänner 2020 von Christian Jentsch „Die Stunde der Radikalen“

Innsbruck (OTS) Im Nahen Osten wird kräftig an der Spirale der Eskalation gedreht. Und die Politik der Berechenbarkeit ist längst abhandengekommen. Auch wenn ein Krieg vorerst abgeblasen wurde, steigt die Gefahr einer massiven Konfrontation.

Die Lunte im Nahen Osten brennt. Und es scheint wohl nur eine Frage der Zeit zu sein, bis das Pulverfass explodiert. Zu toxisch ist die Gemengelage, zu brachial gebärden sich die verschiedensten Gegenspieler – der Iran auf der einen, die USA, Saudi-Arabien und Israel auf der anderen Seite, wobei auch die Türkei und Russland in Syrien ordentlich mitmischen. Das zarte Pflänzchen Hoffnung wird immer wieder im lauten Kriegsgeschrei zertreten – in einer Konfrontation, in der ein Funken einen Flächenbrand entfachen kann. Vergangene Woche stand die Welt vor der Schwelle eines neuen Krieges. Letztlich scheuten der Iran und die USA dann doch eine direkte massive Konfrontation. Teheran beantwortete die gezielte Tötung seines Militärstrategen Soleimani durch eine US-Rakete in Bagdad mit einem gezügelten Vergeltungsschlag, der die Eskalation nicht auf die Spitze trieb. Und auch US-Präsident Donald Trump verzichtete auf neuerliche Militärschläge. Ein neuer Krieg wurde wieder einmal in letzter Minute abgeblasen – vorerst jedenfalls.
Doch wie lange kann an der Spirale der Eskalation noch gedreht werden, wie viele Beinahe-Kriege können wir uns noch leisten? Wenn das Risikomanagement überdehnt wird, kann alles ganz schnell außer Kontrolle geraten – mit verheerenden Folgen für die ganze Welt. US-Präsident Donald Trump setzt gezielt auf den Bruch von Regeln, auf das Ende der Berechenbarkeit. Das Abwägen ist seine Sache nicht und die Trump-USA wollen längst nicht mehr der Leuchtturm der westlich-liberalen Demokratie in der Welt sein. Trump hat den hart erarbeiteten Atomdeal mit dem Iran im Handstreich aufgekündigt. Der Versuch, den Iran durch das Ende der Sanktionen und den Zugang zu den internationalen Märk­ten zu „normalisieren“, wurde abrupt abgebrochen. Trump versuchte vielmehr, mit der Strategie des maximalen Drucks das Land in die Knie zu zwingen und dadurch zu Zugeständnissen zu zwingen. Profitiert haben die radikalen Kräfte im Iran. Die gezielte Tötung von General Soleimani in Bagdad sollte dem Iran wohl die Grenzen bei seinem Streben nach Expansion in der Region aufzeigen. Doch nicht nur der Iran zieht auf dem Schlachtfeld des Nahen Ostens eine blutige Spur. Auch Irans Gegenspieler mischen in den blutigen Konflikten – von Syrien bis in den Jemen – kräftig mit und setzen auf Konfrontation statt Ausgleich. Die Stunde der Radikalen hat geschlagen. Und sie spielen ein gefährliches Spiel. Bis es möglicherweise zu spät ist.

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