TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel vom 15. April 2021 von Gabriele Starck „Deutschlands Ruf nach dem starken Mann“

Innsbruck (OTS) Was sich jetzt in den Reihen der Union um die Kanzlerkandidatur abspielt, zeichnete sich seit Monaten ab. Markus Söder weiß seine aktuell guten Umfragewerte und Laschets offensichtliche Schwächen für sich zu nutzen.

Das Theater um den Spitzenkandidaten der Union in Deutschland hat durchaus Gutes. Es bietet jenen, die der Corona-Schlagzeilen überdrüssig sind, Abwechslung. Und den politischen Mitbewerbern die Möglichkeit zu kritisieren, die Regierungspartei hätte in der Pandemie doch Wichtigeres zu tun, als sich internen Machtkämpfen hinzugeben.
Im Fall der CDU/CSU ist es aber nicht einmal ein gezieltes Ablenkungsmanöver, dieses Fass aufgemacht zu haben, sondern durchaus eine Frage, die geklärt werden muss. Und die eigentlich auch schon längst hätte geklärt werden können. Doch CSU-Chef Markus Söder hat taktiert und seine Verkündung, für den Bundestag kandidieren zu wollen, hinausgezögert. Die ständige Wiederholung seines „Mein Platz ist in Bayern“ hat zwar niemand mehr geglaubt, aber die CDU war dennoch wie das Kaninchen vor der Schlange erstarrt und hat es verabsäumt, Söder früher zur Offenbarung zu drängen.
Dass Bayerns Ministerpräsident – trotz seiner Beteuerungen vom Sonntag – die CDU-Gremienentscheidung für ihren Parteivorsitzenden Armin Laschet nicht akzeptiert, war vorherzusehen. Stattdessen nutzt er die Gunst der Stunde und zitiert Umfragen, wonach er bei einer Direktwahl mit riesigem Abstand vor den Mitbewerbern aller anderen Parteien gewänne, Laschet jedoch auf den hinteren Plätzen landete. Damit treibt Söder einen Keil in die CDU-Basis. Vor allem die im eigenen Bundesland schwachen CDU-Verbände erhoffen sich von Söders besseren Werten die Rettung ihrer Direktmandate und damit ihres Einflusses in Berlin.
Sie könnten mit dieser Taktik durchaus gut fahren, denn die im Vergleich schwache Performance Laschets ist offensichtlich. Der Nordrhein-Westfale verkörpert alles andere als den starken Mann. Söder hingegen nutzt die Pandemie seit Monaten geschickt, um bundesweit medial Führungsqualität zu vermitteln. Das kommt gerade in Notzeiten wie dieser bei den WählerInnen gut an.
Doch Umfragen können schnell kippen. Jens Spahn (CDU) war bis vor Kurzem noch der Liebling der Deutschen und ist mittlerweile in den Rankings abgestürzt. Laschet hingegen wurde schon einmal unterschätzt, als er bei der NRW-Landtagswahl 2017 die weithin anerkannte Regierungschefin Hanne­lore Kraft (SPD) ablöste. Letztlich sollte eigentlich entscheidend sein, welcher von beiden im Falle des Wahlsiegs für die Menschen und ihre Zukunft in Deutschland der Bessere wäre. Und da hat Führungsqualität meist sehr viel mehr mit Verhandlungsstärke und Konsensfähigkeit zu tun als mit Starker-Mann-Posen.

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