TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 15. Juni 2018 von Gabriele Starck „Europas Fels in der Brandung wackelt „

Innsbruck (OTS) Die CSU droht der Schwesterpartei CDU und Kanzlerin Merkel mit einem Alleingang in der Migrationsfrage. Die Bayern spalten damit nicht nur die eigene Bundesregierung. Sie schaden auch massiv den Einigungsbemühungen auf EU-Ebene.

Von wegen willkommen. Deutschland hat seine Asylpolitik schon längst massiv verschärft. Gesetze wurden geändert, Grenzkontrollen eingeführt, nach Afghanistan darf ungeachtet täglicher Anschläge abgeschoben werden. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) meinte zuletzt selbst, es gebe keine Gründe mehr dagegen.
Und doch gelingt es gewissen Kräften, das Bild von der deutschen Willkommenskultur aufrechtzuerhalten. Und sie stilisieren die Kanzlerin zur Bedrohung für Deutschland hoch. Dass die rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD) damit einen gewissen Erfolg hat, zeigte die Wahl im Herbst, die sie in den Bundestag brachte.
Dass nun aber die kleine Unionsschwes­ter CSU für den bayerischen Urnengang im Herbst ihr ganzes Heil in Populismus und sofortiger Abschottung sieht und dafür sogar das Ende der Bundesregierung, der sie selbst angehört, in Kauf nimmt, ist ein verantwortungsloses Spiel mit einem hohen Risiko auch für Europa. Im Schlepptau hat sie bereits einige abtrünnige CDUler, allen voran Gesundheitsminister Jens Spahn, der sich Hoffnungen macht, die Kanzlerin bald zu beerben.
Dabei verlangt Merkel von der CSU nicht mehr, als den EU-Gipfel in zwei Wochen abzuwarten, bevor einseitige Schritte gesetzt werden. Sie will bis dahin die Hoffnung nicht aufgeben, dass die Staats- und Regierungschefs zu einer – dringend notwendigen – gemeinsamen Migrationspolitik finden. Merkel ist eine Regierungs­chefin, die um das geeinte Europa noch kämpft. Eine, die sich zuerst der Rechtsstaatlichkeit bestimmter Maßnahmen versichern will, bevor sie die Interessen einzelner Gruppen bedient. Davon gibt es nicht mehr viele.
Europa zerfällt. Manche Politiker bereiten Alleingänge vor oder suchen sich Verbündete und bemühen Achsen, die Erinnerungen an eine dunkle Zeit wecken. Italien beruft den Botschafter Frankreichs ein, als herrschte Kalter Krieg zwischen den zwei Gründungsmitgliedern der EU.
Das große Ganze im Auge zu behalten und seine Bedeutung den Menschen auch zu erklären, ist in der Politik weitaus schwieriger, als ihnen einen Schuldigen zu servieren, der für alle Probleme herhalten muss. Die Probleme löst das allerdings nicht. Wenn nun auch noch Deutschland – bislang ein Fels in der Brandung europäischer Krisen – in diese Richtung kippt, ist das Projekt eines geeinten Europas gescheitert.

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