TIROLER TAGESZEITUNG: Leitartikel vom 15. März 2017 von Michael Sprenger – Zen und die Kunst des Provozierens

Innsbruck (OTS) - Dass SPÖ und ÖVP nicht miteinander können, ist Gewissheit. Es ist ein Paradoxon, dass sie noch miteinander regieren. Da wundert es dann vielleicht auch wenig, wenn Drozda die Angriffe Sobotkas als Übung im Zen-Buddhismus begreift.

Ob Thomas Drozda selbst ein Schüler des Zen-Buddhismus ist? Wir wissen es nicht. Aber niemand versteht es so wie der SPÖ-Kanzleramtsminister, auch im Umgang mit seinen Regierungskollegen in innerer Balance zu verweilen. Selten, ganz selten, verlässt er seinen Weg der Gelassenheit. Meist versteht es Drozda, den Worten, bevor sie hörbar werden, den Klang des Verbindlichen zu geben.
Nur bei Innenminister Wolfgang Sobotka stößt auch Drozda an seine Grenzen. Er weiß, dass der von der niederösterreichischen ÖVP geschulte Politiker vor allem ein Provokateur ist, der seine klammheimliche Freude oft nicht verbergen kann, wenn sein Gegenüber die Fassung verliert. Sobotka schafft es, dass auch der Kanzleramtsminister einmal halblaut wird.
Sobotka und Drozda, auch deren Freunde in der SPÖ und in der ÖVP, sind sich in der Sache einig. Beide wollen – mit Blick auf die demokratiepolitische und rechtsstaatliche Entwicklung in der Türkei – Wahlkampfauftritte ausländischer Politiker in Österreich verhindern. Damit hat es sich auch schon. Während Drozda glaubt, dass hierfür nur Paragraf 6 im Versammlungsrecht geändert werden müsste, will Sobotka gleich das gesamte Demonstrationsrecht neu regeln lassen. Obwohl er, Sobotka, weiß, dass er damit verfassungsmäßig sehr dünnes Eis betritt, will er an seinem Vorhaben festhalten. Und erfreut sich an der Reaktion der „Sozis“, wie er sie gerne abschätzig nennt. Dass des Innenministers Vorschlag von der SPÖ als Provokation empfunden wurde, kann er so überhaupt nicht nachvollziehen, sagt der Innenminister mit gespielter Unschuldsmiene. Drozda atmete derweil den Schmerz weg und erklärte vor dem Ministerrat: „Der Umgang mit den Kollegen ist bisweilen eine Übung im Zen-Buddhismus, aber ich bin das mittlerweile gewöhnt.“
Drozda sagt uns mit anderen Worten, dass er daran arbeitet, Sobotka ins Leere laufen lassen zu wollen. Während Sobotka – alte Schule der niederösterreichischen Stahlhelmfraktion – das Verbalzündeln als Verteidigung begreift, will der Novize des Zen-Buddhismus den Innenminister vielleicht nicht gleich ins Herz schließen, aber jedenfalls geistig besiegen, bis er kraftlos zusammensinkt.
Die SPÖ wird für sich beurteilen müssen, ob sie Geduld für Drozdas Kunst des Gleichmuts aufbringen kann. Dem Provokateur scheint dies egal zu sein. Er dürfte schon am nächsten Angriff arbeiten.

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