TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel vom 15.Mai 2019 von Peter Nindler – „Eine Verkehrspolitik zum Schämen“

Innsbruck (OTS) Günstig, billig, Dumping: Nur so ist es möglich, dass der Güterverkehr auf der Straße boomt und die Verlagerung auf die Schiene nicht gelingt. Und die Transporte mit Klein-Lkw rollen an allen EU-Vorschriften und Fahrverboten vorbei.

Das Transit-Problem ist ein vielschichtiges, obwohl es sich immer auf eine Ursache reduzieren lässt: Der Gütertransport auf der Straße gilt nach wie vor als Schnäppchen im Vergleich zur Schiene. Die Lkw-Mauten am umwelt- und transitbelasteten Brennerkorridor sind zwar in Tirol am Plafond, aber in Deutschland und Italien im Keller. Billig-Diesel zieht wiederum Umweg-Transit an, entlang der Inntal- und Brennerautobahn haben sich nicht weniger als 13 Tankstellen darauf spezialisiert. Und drittens werden die Lkw-Flotten in EU-Billiglohnländer ausgelagert. Die Frächter sparen sich dadurch Sozial- und Lohnkosten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Jetzt fahren uns noch die Kleintransporter um die Ohren und verschärfen zusätzlich die Verkehrs- und Transitproblematik.
„As soon as possible“ (schnellstmöglich) werden die Güter mit ihnen zugestellt: am Wochenende, an Feiertagen sowie Tag und Nacht. Das ist nur deshalb möglich, weil für die Klein-Lkw die Sozialvorschriften im EU-Gütertransport nicht gelten und sie mit ihren maximal 3,5 Tonnen unter den Fahrverboten hindurchschlüpfen. Was nicht heißt, dass sie als Fliegengewichte durch die Gegend rollen. Mitnichten: Die „Sprinter“ sind oft überladen, weisen reihenweise technische Mängel auf und ihre „Just in time“-Fahrer drücken nicht selten zu sehr aufs Gas. Allein die 5000 Beanstandungen seit 2018 müssten im Verkehrsministerium in Wien die Alarmglocken schrillen lassen, denn hier läuft etwas gewaltig aus dem Ruder.
Nicht zu vergessen die beinahe unmenschlichen Bedingungen für die Lenkradsklaven: Für einen Hungerlohn vegetieren sie auf den Straßen dahin und schlafen in den engen Fahrerkabinen, weil Lenk-und Ruhezeiten auf die Kleintransporter nicht zutreffen. Ihr erduldetes Dumping macht eine Ökologisierung des Güterverkehrs fast unmöglich. Natürlich trägt auch das Online-Shopping dazu bei. Mit sozialem Wirtschaften hat das aber ebenso wenig zu tun wie das Ausbeuten von Produktionssklaven (Kinderarbeit) in Entwicklungsländern. Ein falscher Wirtschafts- und Konsumkreislauf ist deshalb mitverantwortlich für das Transit-Problem.
Statt Wertschöpfung in der Region mit umweltfreundlicher Mobilität oder internationaler Güterverkehr auf der Schiene für den grenzüberschreitenden Warenverkehr sind „billig“, „Dumping“ und „soziale Ausbeutung“ heute Schlüsselbegriffe für eine Wirtschafts-und Verkehrspolitik. Und das ist zum Schämen.

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