TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 17. April 2019 von Max Strozzi „Staatlich ist nicht automatisch böse“

Innsbruck (OTS) Investoren aus den USA, der Schweiz und Deutschland machen Kasse mit ehemaligen Buwog-Wohnungen in Tirol. Die einst staatlichen Wohnungen sind Mahnung dafür, wie und vor allem was man nicht mit der Brechstange privatisieren sollte.

Jeder hat so seinen Blick auf die seinerzeitige Privatisierung der staatlichen Buwog-Wohnungen. Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser etwa, der in dieser Causa auf der Anklagebank sitzt und von dort aus von einer gelungenen Buwog-Privatisierung schwärmt. Abseits der Vorkommnisse, die ihn und weitere Involvierte vor Gericht brachten, gibt es Sichtweisen, die nicht ganz so ins das Bild einer tollen Buwog-Privatisierung passen wollen. Schon beim seinerzeitigen Verkauf schien vielen der Preis doch ziemlich moderat angesetzt. Und ein Blick auf die Entwicklung der Buwog-Wohnungen in Tirol zeigt: Aus der Luft gegriffen war der Schnäppchen-Vorwurf nicht. Denn inzwischen ist das „Tirol-Paket“ – rund 1150 Wohnungen, davon 750 in Innsbruck – dem in Luxemburg situierten Immobilienfonds Jargonnant Partners, kurz JP, in die Hände gefallen, der es 2016 von der privatisierten Buwog erwarb. Zu den größten JP-Investoren gehören eine US-Universität, eine Schweizer Bank sowie Industriefamilien aus Deutschland, Italien und Frankreich. Um deren Bankkonten aufzufetten, sollen Wohnungen, die einst dem heimischen Steuerzahler gehörten, vergoldet werden. In Tirol passiert das gerade und wie es aussieht, können die Wohnungen nicht so schlecht gewesen sein. Wie anhand diverser Beispiele in Innsbruck kürzlich aufgezeigt, hat JP dort Liegenschaftsanteile um das Doppelte bis Dreifache des Kaufpreises verkauft: ein Plus von 100 bis 200 Prozent in zwei Jahren – kein schlechter Schnitt. In einem weiteren Fall war es sogar noch mehr. Unter den Käufern: ein deutscher Top-Manager, ein Vorstand einer Tiroler Privatstiftung, ein Unterländer Unternehmer – dass sie alle dringenden Wohnbedarf haben, darf bezweifelt werden. Das gilt auch für den deutschen JP-Gesellschafter, der sich in Innsbruck eine Ex-Buwog-Wohnung kaufte, laut Kaufvertrag davor darin eingemietet war, im Melderegis­ter aber nirgends mit Tiroler Wohnsitz aufscheint. Auch nicht in Kitzbühel, wo er eine zweite ehemalige Buwog-Wohnung besitzt.
Buwog ist das Gegenteil einer gelungenen Privatisierung. Das Grundbedürfnis Wohnen kann nicht alleine dem Markt überlassen werden, dessen Ziel nicht das Wohnbedürfnis ist, sondern die Gewinnmaximierung. Staatswohnungen zu verscherbeln, ist deshalb mehr als eine Sünde. Das sieht man auch in Berlin, wo Menschen angesichts explodierender Mieten auf die Straße gehen und eine Rückverstaatlichung der einst privatisierten Wohnungen fordern. Weil privat nicht automatisch gut und staatlich nicht automatisch böse ist (das gilt freilich auch umgekehrt). Doch was einmal aufgegeben wurde, ist oft für immer weg.

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