TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 2. Oktober 2020 von Peter Nindler „Willkommen in der Sackgasse“

Innsbruck (OTS) Lange war Deutschland der Schutzschirm für Europa. Mit seiner Politik in der aktuellen Corona-Krise schwächt Berlin aber die EU und trifft Tirol mit voller Wucht, weil Reisewarnungen eigentlich massive wirtschaftliche Beschränkungen sind.

Wie kann man das noch plausibel erklären? Osttirol und das Außerfern sind mit sechs bzw. zwei Corona-Infizierten Risikogebiete. Weil Deutschland generell vor Reisen nach Tirol warnt, die Niederlande hingegen raten „nur“ von Besuchen der Landeshauptstadt Innsbruck ab. Die Schweiz hat wiederum Nieder- und Oberösterreich sowie Wien auf die rote Liste gesetzt, spart jedoch Tirol und Vorarlberg zur Gänze aus. Mit dieser Corona-Politik der nicht mehr nachvollziehbaren Reisewarnungen schafft sich Europa derzeit ab.
Die Nationalstaaten sind sich in der Krise selbst die Nächsten. Obwohl eigentlich das Gegenteil der Fall sein sollte, um die größte Herausforderung für das europäische Gesundheits- und Wirtschaftssystem nach 1945 zu meistern.
Ja, die Infektionszahlen müssen runter, Maßnahmen wie die Maskenpflicht und mehr Eigenverantwortung mit Hirn und Abstand sind notwendig. Dass Epidemiologen und Virologen allerdings seit Monaten einen der Jahreszeit geschuldeten Anstieg der Fälle voraussagen, sei nur nebenbei erwähnt. Die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, bleibt deshalb weiter ein Kraftakt. Darum benötigt es eine einheitliche europäische Vorgangsweise und keinen Kantönligeist. Deutschland bezeichnet sich stets als Lokomotive Europas, doch bei den Reisewarnungen bremst unser Nachbarland seine Ansprüche an die Union politisch aus. Oder ist es nur die logische Fortsetzung einer seit der Finanz-, Wirtschafts- und Migrationskrise politisch bröckelnden EU? Vielleicht wollte man diese Entwicklung nicht wahrhaben, weil die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel bisher den Schutzschirm für Europa verkörpert hat.
Jetzt steckt die EU in einer Sackgasse und weiß nicht, wie sie da wieder rauskommt. Die Mitgliedstaaten haben sie da hineinmanövriert. Die deutsche Reisewarnung trifft den Tiroler Tourismus und damit die heimische Wirtschaft ins Mark. Schlussendlich geht es um die Verhältnismäßigkeit. Die Zuversicht von Tirols Landeshauptmann Günther Platter (VP) und Gesundheitsminister Rudi Anschober (Grüne) in allen Ehren. Dass die Reisewarnung vielleicht bald aufgehoben wird, das dürfte wohl ein frommer Wunsch bleiben. Denn die Entwicklung bei den Neuinfektionen ist noch zu schwankend, als dass Deutschland seine Strategie ändern könnte. Und für eine klare Kante ist Berlin bekannt, wie die Verkehrspolitik hinlänglich beweist. Aber auch da ist die EU schon längst gescheitert.

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