TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 20. Februar 2020 von Floo Weißmann „Erfüllungsgehilfen der USA“

Innsbruck (OTS) Europäische Staaten sollen den Aufdecker Julian Assange gezielt isoliert haben. Dieser Vorwurf muss untersucht werden. Es geht um die Rechtsstaatlichkeit und um den Umgang mit Unbequemen.

Schwere Vorwürfe erhebt der UNO-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, im Fall Julian Assange. Die schwedischen Behörden hätten die Vergewaltigungsvorwürfe gegen den WikiLeaks-Mitbegründer konstruiert. Jahrelanger psychologischer Druck durch Strafverfolgung und Isolation – unter Mitwirkung der britischen Justiz und Ecuadors – hätten dazu geführt, dass Assange Anzeichen seelischer Folter zeige und seine Gesundheit schwer angegriffen sei. All das diente laut Melzer dem Zweck, den umstrittenen Enthüller aus dem Verkehr zu ziehen und mögliche Nachahmer abzuschrecken.
Wenn das stimmt, dann handelt es sich um einen Justizskandal mit einer internationalen Dimension. Auf dem Spiel steht nicht allein die Integrität des Rechtsstaats in Schweden und in Großbritannien. Es geht auch um die Frage, wie westliche Demokratien mit Menschen umgehen, die geheime Daten veröffentlichen, Verbrechen aufdecken und Regierungen bloßstellen.
Dass die USA dabei nicht als Vorbild taugen, ist hinlänglich bekannt. Die USA haben in jüngerer Zeit kein Verbrechen ihrer Militärs und Geheimdienste angemessen verfolgt. Stattdessen drohen den Aufdeckern drakonische Strafen. Im Fall Asssange steht nun aber der Vorwurf im Raum, dass europäische Staaten sich verschworen hätten, die USA dabei zu unterstützen.
Man kann streiten über die Person, die Ideologie und die Vorgehensweise des WikiLeaks-Mitbegründers. Er agierte nicht als investigativer Journalist, der gezielt Missstände öffentlich macht, sondern als politischer Aktivist, der ein System erschüttern will. Er hatte es besonders auf die Supermacht abgesehen, und er machte sich mutmaßlich zum Gehilfen des russischen Geheimdienstes, als dieser die US-Wahl zu-gunsten von Donald Trump beeinflusste.
Aber Kritik an der Mission von Assange ist eine Sache, ihm grundlegende (Menschen-)Rechte zu entziehen, eine andere. Die betroffenen Staaten müssen nun die Vorwürfe des UNO-Sonderberichterstatters formal untersuchen. Dafür braucht es womöglich Druck von anderen Regierungen und von Seiten der Zivilgesellschaft.
In den USA, wo Assange nach dem antiquierten und rechtsstaatlich bedenklichen „Espionage Act“ angeklagt ist, hat er offenkundig kein faires Verfahren zu erwarten. Sollte Großbritannien ihn am Ende ausliefern, bleibt ihm als letzte Hoffnung ausgerechnet der amerikanische Präsident. Nicht, weil Trump sich um rechtsstaatliche Prinzipien schert, sondern weil er die Welt einteilt in Feinde und solche, die ihm nützlich sind.

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