TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 27. April 2018 von Marco Witting „Gegen den Datendrang“

Innsbruck (OTS) - Österreich hat der europaweiten Datenschutzrichtlinie die Zähne gezogen. Das könnte möglicherweise gegen Europarecht verstoßen, wird aber viele Betroffene beruhigen. Die Gefahr besteht, dass der Schnellschuss einer ins Knie ist.

Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist die neue Allergenrichtlinie. Keiner weiß so ganz genau, was es ist, was man da zu machen hat, wie sie kontrolliert wird und was für Strafen drohen. Und überall droht sie wie ein Damoklesschwert als neues Bürokratiemons­ter. Die Bundesregierung hat die DSGVO jetzt praktisch über Nacht entschärft und tanzt aus der Reihe. Das entsetzt die Datenschützer, wirft die Frage auf, ob das nicht klar gegen das Europarecht ist, und freut auf der anderen Seite die Wirtschaft und Organisationen. Weil jetzt Strafen erst nach mehrfachen Verstößen ausgesprochen werden. Zuerst wird verwarnt.
Es sei nicht sinnvoll, ab 25. Mai plötzlich Millionenstrafen für geringfügige Vergehen zu verhängen, argumentiert die Regierung sinngemäß: Strafen sollten nur das letzte Mittel sein. Wohl ein richtiger Schritt, um einen Teil der Zivilgesellschaft vor einer Anzeigenflut zu bewahren. Sofern es die überhaupt gegeben hätte. Verhältnismäßigkeit soll also plötzlich in Österreich regieren – dort wo man bisher übereifrig derartige Richtlinien besonders streng ausgelegt hat. Geahndet werden sollen beim Datenschutz nur noch schwere und wiederholte Verstöße. Das klingt schwammig. Wird aber viele aufatmen lassen.
Im Detail hat die Gesetzesänderung ihren Beigeschmack. Und der betrifft die Verwaltung: „Gegen Behörden und öffentliche Stellen“, gegen „Stellen, die im gesetzlichen Auftrag handeln“, und gegen „Körperschaften des öffentlichen Rechts können keine Geldbußen verhängt werden“, besagt ein neu hinzugefügter Passus der Bundesregierung. Ein Rückschlag ist die Maßnahme für alle Datenschützer. Sie können künftig als Verbände nicht mehr Nutzer in Schadenersatzklagen bei Datenschutzvergehen vertreten.
Als die DSGVO auf den Weg gebracht wurde, hatten Analysten dies als Sieg der EU und eine Stärkung der Verbraucherrechte gefeiert. Selbst Facebook, einer der vielen bösen Datenbuben, nahm sich das europäische Gesetz zuletzt als Vorbild. Der Datendrang von Großkonzernen hat längst ein nicht mehr tolerierbares Ausmaß angenommen. Mit der DSGVO sollen Nutzerrechte gestärkt werden. Die Bundesregierung hat mit ihrem Schnellschuss die Situation für Unternehmen und Organisationen vereinfacht. Wenn die Verwässerung des Gesetzes symbolisch dafür ist, wie man in Österreich mit dem Datenschutz umgeht, dann war es auch ein Schuss ins Knie.

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