TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 30. Juni 2020 von Karin Leitner „Wenn die Schwächen sichtbar werden“

Innsbruck (OTS) Für einen Regierungschef mag angenehm sein, wenn ihm keiner aus seiner Truppe Konkurrenz macht – weder inhaltlich noch kommunikativ. Auf Dauer schaden Minderleister aber auch Sebastian Kurz und seinem Ansehen.

Es gibt Führungsleute, die kein Top-Personal unter sich haben wollen – weil sie Widerspruch nicht mögen, niemanden, der ihnen die Position, damit Macht und Ansehen streitig machen könnte. Sie wollen selbst glänzen. Eine Zeit lang funktioniert so ein System, auf Dauer aber nicht. Die Schwäche der Untergebenen schwächt den Chef.
Das gilt auch für das türkise Regierungsteam von Sebastian Kurz. Er ist eine starke Persönlichkeit an der Spitze, macht- und kontrollbewusst, seine Eigen-PR ist meisterlich. Das schlägt sich in den Umfragewerten für ihn nieder. Viele Bürger goutieren das Wirken von Kurz.
Der Rest seiner Mannschaft besteht großteils aus Ja-Sagern, jedenfalls aus bedingungslos Loyalen. Die Meinung des Kanzlers ist auch die ihre, ihr Wording orientieren sie an seinem. Eine Zeit lang hat dieses System funktioniert, nun tut es das so nicht mehr. Immer mehr zeigen sich die Schwächen von ÖVP-Ministern.
Exemplarisch dafür ist das, was Heeresressortchefin Klaudia Tanner in den vergangenen Tagen geboten hat. Unabgesprochen lässt sie eine große Reform präsentieren, muss ob dessen beim Oberbefehlshaber, dem Bundespräsidenten, zum Rapport. Dann der Auftritt in der ZiB 2, der an ein Satireprogramm gemahnt hat. Dass Geladene Fragen, die ihnen unangenehm sind, nicht beantworten, sondern ihre Botschaften zu platzieren versuchen, ist nicht neu. Was Tanner dahingehend geliefert hat, war aber zum Fremdschämen.
Dass sie und manch andere aus der türkisen Riege wie Sprechroboter wirken, liegt auch daran, dass es teils an inhaltlicher Expertise fehlt. Das ist mit Worthülsenproduktion nicht zu übertünchen.
Ob Tanner, Arbeitsministerin Christin­e Aschbacher, die sich schwertut, ohne vorgefertigt­e Texte zu kommunizieren, oder Gernot Blümel mit den anfangs veralteten Budgetzahlen für das heurige Jahr – in ihren Ämtern sind diese drei nicht der Qualifikation dafür wegen. Das rächt sich à la longue.
Dazu kommt, dass Kurz sein Macher-Image konterkariert. Er, der Message Controller, will nicht mitbekommen haben, was unter Türkis-Blau bei Personalbesetzungen gelaufen ist. Und sein Intimus Blümel erinnert sich an nichts mehr.
Minderleister hat es in allen Koalitionen gegeben. Kurz stellte aber andere, höhere Ansprüche an jene aus seiner Truppe. Sie werden nicht erfüllt. Regierungsmitglieder bekommen eine hohe Gage. Zu Recht. Sie tragen große (budgetäre) Verantwortung im Land. Dieser sollten sie nicht nur, sie müssen ihr gerecht werden.

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