TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 8. Juni 2020 von Anita Heubacher „Après-Ski war vorgestern“

Innsbruck (OTS) „Wir haben alles richtig gemacht“ ist in Tirol ein Satz von vorgestern. Auf Bundesebene sieht das anders aus. Da ist die Lust, sich einer Fehleranalyse zu unterziehen, enden wollend. Dadurch fehlt die Handlungsanleitung für den Herbst.

Jetzt ist einmal gut. Auch wenn die Geschichte von den gierigen Tirolern, die zwar allesamt wenig intellektuell, aber schlau genug sind, sämtliche Touristen abzuzocken, noch so schön zu erzählen ist, der Fokus sollte sich langsam verlagern. Ja, in Ischgl und anderen Tiroler Skiorten wurden im Umgang mit der Corona-Krise Fehler gemacht. Deshalb ermittelt die Staatsanwaltschaft und deshalb ist eine Untersuchungskommission eingesetzt. Die Kritik, Protest und der internationale Medienrummel haben bewirkt, dass sich die Landespolitik dorthin bewegen musste. Das ist gut so und absolut notwendig.
Genauso akribisch wie das Vorgehen der Behörden und der Politik in Ischgl am Anfang der Krise sollte nun das Vorgehen der Bundesregierung untersucht werden. Wann wurde auf Basis welcher wissenschaftlichen Expertise welche Entscheidung gefällt? Welche Wissenschafter haben die Bundesregierung beraten und in welchem Abhängigkeitsverhältnis stehen diese Experten? Was hat der Lockdown tatsächlich gebracht?
Die Antwort der Bundesregierung, man habe alles richtig gemacht und deshalb Schlimmeres verhindert, ist aus deren Sicht logisch. Niemand wird der Bundesregierung vorwerfen, dass sie im März zu Beginn der Krise, als die Datenlage noch unsicherer war als heute, die vorsichtigste und restriktivste Methode wählte. Ab Anfang, Mitte April und bis heute sieht das Ganze anders aus. Da kann die Aussage, „Wir haben alles richtig gemacht“, nicht unwidersprochen bleiben. Es gehört das Buch von hinten gelesen, und zwar Zeile für Zeile. Denn wenn wir das nicht tun und nicht darüber diskutieren wollen, ob die Verhältnismäßigkeit gestimmt hat oder nicht, wie wollen wir dann für den Herbst gerüstet sein?
Wenn aus Sicht der Bundesregierung der Lockdown das einzig richtige Mittel war, heißt das im Umkehrschluss, dass wir beim nächsten Corona-Cluster wieder alles zusperren? Wenn darauf die Antwort ein „Nein“ ist, dann wäre es jetzt an der Zeit, eine Fehleranalyse zu betreiben. Eine medial akribisch verfolgte, transparente und, vielleicht sogar mit Blaupause aus Tirol, von einer unabhängigen Kommission gemachte Analyse braucht es. Daraus könnte eine Handlungsanleitung entstehen, wie wir mit dem Virus umgehen sollen, ohne dass die Wirtschaft an die Wand gefahren wird und menschliches Leid gegen menschliches Leid abgewogen werden muss.

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