TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel vom 9.Januar 2021 von Peter Nindler „Wer Tirol kennt, versteht den Transitärger“.

Innsbruck (OTS) Die Diskussion über den Straßengüterverkehr auf Fahrverbote zu reduzieren, verwässert die Tragweite des Transitproblems. Doch der EU, Berlin und Rom fehlt nach wie der Blick auf den Lebens-, Natur- und Wirtschaftsraum in einer alpinen Region.

Die größte Schwachstelle in der Transitdebatte ist ihre Erzählung. Der Konflikt Tirols mit seinen Nachbarn und der Europäischen Union wird zum Inhalt, weil sich die Empörung über die Transitfahrverbote bei Tag und in der Nacht hochschaukelt. Und sich die großen Frächternationen wie Deutschland, Italien und die Niederlande mit ihren ausgeflaggten Lkw-Flotten in den östlichen EU-Ländern auf das europäische Grundprinzip des freien Warenverkehrs stützen.
Im Nicht-EU-Land Schweiz trat das Nachtfahrverbot bereits 1934 in Kraft. Aus gutem Grund. Lärm und Nachtruhe vertragen sich einfach nicht. Dass sich der Schadstoffausstoß bei 2,3 Millionen Lkw-Fahrten durch Tirol reduziert hat, liegt an der umwelttechnologischen Weiterentwicklung der Fahrzeuge. Der Lärm ist allerdings geblieben. Daran dürfte sich in Zukunft wenig ändern, die Masse macht’s aus und Tirol wird weiterhin eine zentrale Transitverbindung zwischen Nord und Süd sein.
Doch gerade hier versagt der europäische Blick auf eine alpine Region wie Tirol. Aber am Urteilsvermögen in Brüssel konnten bisher weder die im Dauerschlaf dahinvegetierende Arbeitsgemeinschaft der Alpenländer ARGE Alp, noch die „makroregionale“ Strategie der EU für den Alpenraum EUSALP und schon gar nicht die in Innsbruck beheimatete sowie völkerrechtlich verankerte Alpenkonvention etwas ändern. Zugleich wird die zwar politisch geeint auftretetende Europaregion Tirol, Südtirol und Trentino im Inneren von den Frächter-Lobbyisten ausgehöhlt. Brüssel, Rom, Berlin und sogar München sind im Denken von den Alpen ohnehin meilenweit entfernt. Vor allem, was den Lebens-, Natur- und Wirtschaftsraum in den engen Gebirgstälern betrifft. Tirol ist kein Museum und muss sich ständig weiterentwickeln, damit das Land im Wettbewerb der Regionen mithalten kann. Dazu passt die Verkehrsbelastung genauso wenig wie eine industrialisierte Landwirtschaft. Es geht um regionale Wirtschaftskreisläufe, um ein breit gefächertes Angebot im öffentlichen Verkehr, um die Verlagerung des Gütertransits von der Straße auf die Schiene, um die Digitalisierung als Perspektive gegen die drohende Absiedelung, um einen zukunftsorientierten Tourismus Marke Silicon Valley und um Bildungschancen.
Wer Tirol nicht in seiner Vielfalt versteht, wer das Land nicht in all seiner Naturschön­heit und mit den Herausforderungen für die Zukunft begreift, wird auch künftig kein Verständnis dafür haben, warum der Alpentransit das Herz der Alpen und seine Menschen so sehr belastet.

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