TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 9. März 2021 von Michael Sprenger „Kickls gefährliches Spiel“

Innsbruck (OTS) Der FPÖ-Klubchef weiß, dass der Teil der Bevölkerung, der mit der Corona-Politik der Regierung nichts anfangen kann, für die Blauen interessant ist. Der Ex-Innenminister agiert mit Vorurteilen und sieht sich gerne in der Rolle des Märtyrers.

Kann aus jenem Teil der Bevölkerung, der immer wieder gegen die Corona-Politik auf die Straße geht, verzweifelt ist, eine Bewegung werden – vielleicht eine politisch relevante?
Jedenfalls handelt es sich hierbei um keine homogene Gruppe. Keinesfalls ist es so, dass es sich bei allen Demonstranten, die da ihren Unmut kundtun, um Rechtsradikale oder Antisemiten handelt, um Gegner der Aufklärung (um nicht Verschwörungstheoretiker zu schreiben, weil eine Theorie ist da ja nicht erkennbar). Bei vielen Demonstranten geht es aufgrund der steigenden Arbeitslosenzahlen um Existenzangst. Andere sorgen sich um die Grund- und Freiheitsrechte, die in Gefahr sind, wollen sich auch von der Obrigkeit nicht bevormunden lassen – auch nicht, wenn es um die Impfung geht. Und ja, es gibt erkennbare Tendenzen hin zu einem autoritären Staat, die uns alle zur Wachsamkeit auffordern sollten.
Kann also aus solch einer heterogenen Gruppe eine Bewegung werden, vielleicht eine Partei? Je länger diese Corona-Maßnahmen in Kraft sind, desto größer ist die Gefahr. Was diesem Konglomerat fehlt, ist ein Kopf, der dieses in breiten Teilen der Bevölkerung vorhandene dumpfe Gefühl kanalisieren kann. FPÖ-Obmann Herbert Kickl spürt dies und will nicht so lange warten, bis sich so ein Kopf findet. Der frühere Innenminister des Kabinetts Sebastian Kurz I weiß, dass die FPÖ nicht in der Lage ist, die heterogene Gruppe als Ganzes anzusprechen. Also geht Kickl einen anderen Weg: Er stimmt rechtsradikale Töne an, spricht Wohlstandsverlierer an. Er sucht bewusst die Provokation. Kickls Kalkül ist klar: Er sieht in den Gegnern der Corona-Politik ein Wachstumspotenzial für die angeschlagene FPÖ. Und je mehr die Regierung ihren Beitrag leistet, dass sich Kickl als Märtyrer inszenieren kann, desto mehr dürfte die rechtsnationale Partei Zulauf bekommen.
Und ja, Kickl versteht sein Handwerk. Nur zur Erinnerung: Kurz machte ihn zum Innenminister. Kickl spielt bewusst mit Vorurteilen und Halbwahrheiten, bedient niedere Instinkte. Deshalb sollte es zulässig sein, zu sagen: Selbst wenn Kickl Recht hat, liegt er falsch. Falsch liegt aber auch eine Regierung, die mit Demonstrationsverboten arbeitet und eine überschießende Staatsgewalt zulässt.
Kann also aus der Gegnerschaft der Corona-Politik eine politische Bewegung und Partei werden? Wenn mit diesen Menschen kein Dialog mehr stattfindet, dann leider ja.

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