TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Von Reißverschlüssen und Quoten“, von Manfred Mitterwachauer

Ausgabe vom 7. August 2018

Innsbruck (OTS) Auf den Bürgermeistersesseln in Österreich sind Frauen auch 100 Jahre nach Erkämpfung des Wahlrechts nach wie vor eine Ausnahmeerscheinung. Das zu ändern, bedarf mehr als nur der Forderung nach Quoten und Männer-Sonntagsreden.

Blickt man auf die Politspitzen der Tiroler Gemeindestuben, so sind Frauen auch 100 Jahre nach Erlangung des Wahlrechts nach wie vor nur eine Randerscheinung. Von 279 Gemeinden sind derzeit gezählte 15 weiblich besetzt. Genauer gesagt: in ihr Amt gewählt worden. Denn die BürgermeisterInnen werden in Tirol direkt vom Volk gewählt. Und abgewählt. Christine Oppitz-Plörer kann ein Lied davon singen. Im Kampf gegen Georg Willi stach im Frühjahr auch die Frauen-Karte nicht. Jetzt regiert ein grüner Mann die Landeshauptstadt. Ausgerechnet. War es doch Oppitz-Plörers Vorgängerin in Amt und Partei, die als erste Bürgermeisterin einer Landeshauptstadt österreichische Geschichte schrieb. Wenngleich Hilde Zach damals eine Direktwahl noch erspart blieb.
Ist jetzt also allein der Wähler schuld an der marginalen Bürgermeisterinnenquote? Mitnichten. Bei den Gemeinderatswahlen 2016 in Tirol erhöhte sich ihr Anteil von elf auf 16. Noch 1994 war Helga Machne als erste Bürgermeisterin Tirols alleine auf weiter Flur. Doch die Zugewinne können beispielsweise mit jenen Frauenquoten, welche selbst die Politik seit heuer für Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen verpflichtend vorgeschrieben hat, bei Weitem nicht mithalten. Denn das wären 30 Prozent. Österreichweit sind nur 7,7 Prozent aller Bürgermeisterposten mit Frauen besetzt. In den Gemeinderäten liegt der Frauenanteil allen Reißverschlusssystemen der Parteien zum Trotz ebenso bei mageren 23 Prozent, wie auch gestern beim Bürgermeisterinnentreffen in St. Ulrich am Pillersee hervorgehoben wurde.
Das zu ändern, bedarf mehr als nur männlicher Sonntagsreden. Frauenförderung darf nicht beim Parteiprogramm Halt machen und ist auch nicht mit einem (guten) 50-Prozent-Anteil in der Landesregierung getan. Der Grundstein muss in den Gemeindestuben gesetzt werden. Auch von Männern. Politikerinnen ist nämlich mehr als nur die Leitung des örtlichen Sozialausschusses zuzutrauen. Frauen müssen vermehrt für Spitzenkandidaturen gewonnen werden. Sie dürfen sich nicht länger mit hinteren Quoten-Listenplätzen abspeisen lassen. Dazu braucht es Mut. Vor allem aber auch Frauen, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Allen Widerständen zum Trotz. Dann denkt womöglich auch das Wahlvolk um. So wie im Zillertaler Mayrhofen. Dort hat sich Monika Wechselberger als Dorfchefin durchgesetzt und etabliert. Vorerst bleiben Wechselberger und ihre Amtskolleginnen aber nur eines: die Ausnahme von der Regel.

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