TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Wer kriegt die Kurve?“, von Anita Heubacher

Ausgabe vom 14. Juli 2017

Innsbruck (OTS) - Nach Jahren der Ohnmacht nimmt die Sensibilität der Bevölkerung gegenüber der Verkehrsbelastung wieder zu. Wenn Im-Stau-Stehen zur Regel wird, wächst der Druck. Vielleicht bewegt sich dadurch doch noch etwas.

Im Jahr 2050 sollen überhaupt keine Diesel- oder Benzinautos mehr in Europas Städten unterwegs sein, Fahrten von mehr als 300 Kilometern werden selbstverständlich mit der Bahn und nicht mit dem Auto zurückgelegt. 60 Prozent der Treibhausgase hat Europa bis 2050 eingespart. Die Vision ist auch schon wieder sechs Jahre alt. Sie stammt nicht von Umweltaktivisten, sondern von der Europäischen Kommission, genauer gesagt vom damaligen EU-Verkehrskommissar Siim Kallas. Alle Ziele wurden im EU-Weißbuch Verkehr 2050 niedergeschrieben. Papier ist geduldig, die lärm- und abgasbelastete Bevölkerung weniger.
Tirol hat in der Anti-Transitbewegung eine lange Tradition. Vieles, wie Nachtfahrverbote oder Fahrverbote für bestimmte Euro-Klassen, führten die jeweiligen Landesregierungen aufgrund des Drucks aus der Bevölkerung ein. Wenn das Transitforum zur Blockade rief, stellten sich die Tiroler auf die Autobahn und österreichische und deutsche Medien berichteten. Der Protest wurde weniger, Ohnmacht kehrte ein. Jetzt, wo weit mehr als zwei Millionen Lkw und zehn Millionen Pkw über den Brenner rollen und an neuralgischen Wochenenden der Verkehr weite Teile des Landes lähmt, steigt die Sensibilität der Bevölkerung. Der Protest wird wieder lauter, der Wille, selbst etwas zur Entlastung beizutragen, wird wohl, wie die Diskussion um Tempo 100 gezeigt hat, nach wie vor enden wollend sein. Ohne wird es aber nicht gehen.
Ein zentraler Punkt, wie Straßen und die Bevölkerung zu entlasten sind, ist die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene. Bescheidene 30 Prozent der Güter werden auf der Schiene über den Brenner transportiert. Eine Marke, die die EU für erstrebenswert hält, liegt der EU-Schnitt doch bei 22 Prozent. EU-weit steckt der Schienengüterverkehr in einer tiefen Krise. Die Marktanteile gegenüber der Straße sinken eher, als dass sie steigen würden. In Spanien hat laut EU-Bericht die Schiene noch einen Anteil von fünf Prozent, in Großbritannien und Italien von 13 Prozent, in Frankreich von 15 Prozent. Vor diesem Hintergrund darf bezweifelt werden, dass die Entlastung durch den Bau des Brennerbasistunnels groß ist. Damit er genutzt wird, muss die Straße unattraktiver und teurer werden. Da ist Papier auch geduldig. In den Nationalstaaten, in den Bundesländern. Eine kilometerabhängige Pkw-Maut lehnt Österreich ab, eine flächendeckende Lkw-Maut einige Landesregierungen.

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