TIROLER TGAESZEITUNG „Leitartikel“ vom 15. Februar 2021 von Floo Weißmann „Freispruch für Trump“

Innsbruck (OTS) Die US-Republikaner sind nicht willens oder in der Lage, sich vom Ex-Präsidenten abzunabeln.
Es liegt nun an den Wählern, bei der Kongresswahl im nächsten Jahr seinen Einfluss zu begrenzen.

Die amerikanische Demokratie hat immer wieder Selbstheilungskräfte bewiesen. Doch solche Prozesse dauern Jahre. Im Fall des Trumpismus steht die Heilung bestenfalls am Anfang. Der Freispruch von Ex-Präsident Donald Trump im nachträglichen Amtsenthebungsverfahren zeigt, wie tief seine Partei weiterhin mit seinem Virus infiziert ist.
Das Ergebnis überrascht nicht und verstört trotzdem. Trump ist mit seinem Angriff auf die Demokratie vorerst davongekommen. Möglicherweise muss er eines Tages vor Gericht; doch eine strafrechtliche Verantwortung ist schwieriger nachzuweisen als die politische. Selbst viele republikanische Senatoren räumen ein, dass Trump versucht hat, mit Lügen, Interventionen und dem Druck der Straße das Wahlergebnis zu kippen. Der Sturm seiner Anhänger auf das Kapitol war der Kulminationspunkt dieser Kampagne. Dennoch haben die meisten von ihnen den Ex-Präsidenten freigesprochen und sich dabei hinter formalen Ausflüchten versteckt.
Große Teile der Republikanischen Partei – von den Kernwählern über die lokalen und regionalen Funktionäre bis zu Kongresspolitikern – glauben weiterhin an Trump, seine Weltsicht und seine Politik. Auf der anderen Seite steht der Establishmentflügel, der sich am liebsten des Ex-Präsidenten entledigen würde, aus politischem Kalkül oder schlicht aus Angst aber den offenen Bruch derzeit nicht wagt. Zu lange haben sie Trump als nützlich geduldet und abgeschirmt, um den Personenkult jetzt einfach abschütteln zu können.
Ohne Sanktion bleibt damit auch die Kultur der politischen Gewalt, die mit dem Trumpismus einhergeht. Trump arbeitet mit Einschüchterung und dirigiert militante Anhänger. Als er im Kampf gegen Corona-Maßnahmen dazu aufrief, den Bundesstaat Michigan zu „befreien“, drangen Bewaffnete ins dortige Parlament ein. Wer seinen Interessen in die Quere kommt – Republikaner eingeschlossen –, muss mit anonymen Drohungen und dem Aufmarsch von rechten Milizen rechnen. Der Freispruch wird den Ex-Präsidenten darin bestärken, die US-Politik nach seinen persönlichen Bedürfnissen zu torpedieren. Die nächste Bewertung der politischen Währung Trump folgt bei der Kongresswahl 2022. Er wird versuchen, im Vorwahlkampf illoyale Republikaner zu bestrafen und dann mit seinen Getreuen die Kontrolle über den Kongress an sich zu reißen. Die einst staatstragende Partei hat dem womöglich wenig entgegenzusetzen. Die Heilung der amerikanischen Demokratie bleibt den Wählern überlassen.

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