Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Kassenfusion: Versicherte werden künftig fremdbestimmt

Linz (OTS) Die beiden Verfassungsjuristen Em. O. Univ.-Prof. Dr. Theo Öhlinger und Dr. Konrad Lachmayer haben die von der Bundesregierung geplanten Änderungen an der Selbstverwaltung im Zuge der Krankenkassenreform verfassungsrechtlich geprüft. „Vieles davon wird aus unserer Sicht rechtlich nicht funktionieren“, fassen sie ihre Untersuchungen zusammen und bestätigen die Bedenken von AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer und OÖGKK-Obmann Albert Maringer gegen den vorliegenden Gesetzesentwurf. „Unser funktionierendes Gesundheitswesen wird aufs Spiel gesetzt, um den Einfluss der Arbeitnehmer-Vertretungen zurückzudrängen und die Macht von Unternehmen und Regierung zu stärken“, so Kalliauer.

 

Das Gesetzespaket sieht eine totale Umstrukturierung der Sozialversicherungen und Krankenkassen vor. Zentrale Punkte sind die Zusammenlegung der 21 Sozialversicherungsträger auf maximal fünf und die Errichtung einer neuen „Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK)“, die die neun Gebietskrankenkassen ersetzen soll. Das würde das Ende der Selbstverwaltung bedeuten. Diese garantiert den versicherten Bürgern/-innen derzeit Einfluss auf gesundheitspolitische Entscheidungen – von der Organisation der ärztlichen Versorgung, dem Kauf von Medikamenten bis hin zum Betrieb von Gesundheitszentren, Zahnambulatorien, Rehabilitationszentren und Unfallspitälern. Derzeit besteht der Vorstand der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (OÖGKK) aus zwölf Arbeitnehmervertretern/-innen (als Delegierte der Versicherten) und drei Unternehmervertretern/-innen. Die Regierung will nun Arbeitgebervertreter/-innen als Entscheidungsträger massiv aufwerten und somit die politische Macht zu deren Gunsten neu verteilen. AK-Präsident Kalliauer warnt vor den Folgen: „Nichtversicherte entscheiden dann über Versicherte im Interesse der Wirtschaft, die dann ihre oft geforderten Kürzungen im Gesundheitswesen viel leichter durchsetzen kann.“

 

Öhlinger und Lachmayer orten unter anderem Verletzungen in Bezug auf demokratische Prinzipien der Bundesverfassung sowie generelle Widersprüche im Aufbau der neuen „Gesundheitskasse“. Wohl eindeutig verfassungswidrig wäre aus Expertensicht der geplante „Verwaltungsrat“ mit gleich vielen Versicherten- wie Dienstgebervertretern/-innen („Parität“). Eine Beteiligung der Dienstgeber mit 50 Prozent der Stimmen kann aus demokratiepolitischen Gründen nicht verfassungskonform sein. „Es käme niemand auf die Idee, den Eigentümer des größten Betriebs in einer Gemeinde automatisch zum Bürgermeister zu machen, nur weil seine Firma viel Kommunalabgabe zahlt“, so OÖGKK-Obmann Albert Maringer. Mit dem geplanten „Verwaltungsrat“, der praktisch über die Gesundheitsversorgung entscheiden würde, wäre die Mindestunterscheidung zwischen Entscheidungs- und Kontrollfunktion dann nicht mehr gewährleistet. Die Beteiligung von Ministeriumsvertretern/-innen in Entscheidungsgremien, die geplante Verlagerung von Beitragsprüfungsagenden oder noch bestehende Leistungsunterschiede zwischen Regionen und Versichertengruppen werfen zusätzlich schwerwiegende verfassungsrechtliche Fragen auf.

 

Für die AK Oberösterreich ergeben sich aus diesen Erkenntnissen eine Menge Nachteile für die Versichertengemeinschaft. Die Gebietskrankenkassen werden zu Landesstellen degradiert und würden praktisch viele Kompetenzen verlieren. Künftig würde die ÖGK entscheiden, wie die Geldmittel in den Bundesländern verwendet werden. Erfahrungen aus der Fusion der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter mit jener der Angestellten lassen außerdem vermuten, dass das Zusammenlegen der Gebietskrankenkassen mehrere 100 Millionen Euro kosten wird. Um diese Kosten zu finanzieren, sind vermehrte Selbstbehalte für Arzt- und Spitalsbesuche und massive Leistungskürzungen zu befürchten. Nutznießer wären hingegen internationale Unternehmen, die auf lukrative Gegengeschäfte hoffen dürfen. Kleinere oberösterreichische Firmen würden kaum mehr zum Zug kommen. Aus all diesen Gründen sprechen sich AK und OÖGKK klar für die Beibehaltung der demokratischen und regionalen Selbstverwaltung in der Krankenversicherung aus. Kalliauer: „Die Versicherten sind bei ihrer Gebietskrankenkasse bestens aufgehoben und bekommen in hoher Qualität und regional bestens abgestimmt alle Leistungen, die sie brauchen.“

 

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