Volksanwälte halten Österreich trotz anhaltend hohem Beschwerdeaufkommen für gut verwaltet

43. Bericht der Volksanwaltschaft wurde vom Nationalrat einstimmig zur Kenntnis genommen

Wien (PK) Mehr als 16.000 Personen haben sich im vergangenen Jahr an die Volksanwaltschaft gewendet. Das bedeute aber nicht, dass Österreich ein schlecht verwaltetes Land sei. Auf diese Feststellung legte Volksanwalt Werner Amon bei der heutigen Debatte im Nationalrat über den 43. Bericht der Volksanwaltschaft Wert. Auch wenn die Volksanwaltschaft immer wieder Missstände aufzeige, funktioniere die Verwaltung grundsätzlich gut, sagten er und sein Amtskollege Walter Rosenkranz. In einigen Fragen sehen die Volksanwälte allerdings das Parlament gefordert, manchmal fehle den Behörden aufgrund bestehender gesetzlicher Regelungen der nötige Handlungsspielraum, um eine Angelegenheit bürgerfreundlich zu erledigen, wie etwa Volksanwalt Bernhard Achitz erklärte.

Viel Lob für die Arbeit der Volksanwälte gab es von Seiten der Abgeordneten. Der Bericht der Volksanwaltschaft wurde schließlich einstimmig zur Kenntnis genommen. Keine Mehrheit fanden zwei Entschließungsanträge der SPÖ. Sie zielten zum einen auf eine Ausweitung der Prüfkompetenzen der Volksanwaltschaft und zum anderen auf einen höheren Demenzzuschlag beim Pflegegeld ab.

Exakt sind bei der Volksanwaltschaft im vergangenen Jahr 16.641 Beschwerden eingelangt. 9.582 Prüfverfahren wurden abgeschlossen und dabei in 1.430 Fällen Missstände in der Verwaltung festgestellt. Die meisten Anliegen betrafen den Bereich Arbeit, Soziales und Gesundheit (29%), dahinter folgen die Bereiche Justiz (22%) und Innere Sicherheit (20%). Im Zusammenhang mit dem Heimopferrentengesetz hat die Volksanwaltschaft 550 Anträge geprüft. Seit mehreren Jahren ist die Volksanwaltschaft auch für präventive Menschenrechtskontrolle in Einrichtungen wie Justizanstalten, Polizeianhaltezentren, Alters- und Pflegeheimen zuständig, auch hier werden immer wieder Mängel festgestellt.

Mängel bei der Medikation in Pflegeheimen

In der Debatte schnitten die Abgeordneten unterschiedlichste Themen an. So wies Martina Diesner-Wais (ÖVP) in Zusammenhang mit der präventiven Menschenrechtskontrolle auf die unbefriedigende Lage in vielen Pflegeheimen hin, was die Medikation der BewohnerInnen betrifft. Viele würden zu viele Medikamente bekommen und unter Wechselwirkungen leiden, skizzierte sie und brachte einen konkreten Fall zur Sprache, wo eine gezielte Reduktion der Medikamente dazu geführt hat, dass Koordinationsstörungen und Verwirrtheit deutlich nachgelassen haben. Erfreut äußerte sich Diesner-Wais darüber, dass es der Volksanwaltschaft durch eine personelle Aufstockung möglich sei, Anträge nach dem Heimopferrentengesetz rasch abzuarbeiten.

Beschwerden über COVID-19-Maßnahmen

Sowohl Rudolf Silvan (SPÖ) als auch Johannes Margreiter (NEOS) nahmen in ihren Wortmeldungen auf bei der Volksanwaltschaft eingelangte Beschwerden in Zusammenhang mit COVID-19-Maßnahmen Bezug. Silvan wies darauf hin, dass unklare Verordnungen die Bevölkerung zutiefst verunsichert hätten, zudem ist es seiner Ansicht nach zu unverantwortlichen Aussagen von Regierungsmitgliedern gekommen. Die wenigsten Menschen hätten gewusst, was erlaubt und was nicht erlaubt sei. So seien viele der Meinung gewesen, dass private Besuche wegen des Lockdowns verboten waren. Auch die Polizei habe man im Regen stehen gelassen. Ausdrücklich begrüßt wurde von Silvan, dass die Volksanwaltschaft Beschwerden über den Corona-Härtefallfonds prüfen wolle.

NEOS-Abgeordneter Margreiter nahm die Corona-Krise zum Anlass, um zu bekräftigen, dass Menschenrechte kein Ablaufdatum hätten und keine Verhandlungsmasse seien, sondern immer gelten. Vor diesem Hintergrund stellt sich für ihn die Frage, „warum Menschenrechte auf Zeit ausgesetzt werden“. Da komme „ein heimtückischer Virus“ und schon sei man bereit, unantastbare Grundrechte vorübergehend auszusetzen, kritisierte er. Seiner Meinung nach ist eine wesentliche Säule des Rechtstaates wegen des Coronavirus „zum Einsturz gebracht worden“.

Missbrauch von Menschen mit Behinderung als billige Arbeitskräfte

Christian Ragger (FPÖ) ging speziell auf die Situation von Menschen mit Behinderung ein und brachte einen seiner Einschätzung nach symbolischen Fall in Kärnten zur Sprache. Für 3 € Taschengeld hätte ein Fünfzehnjähriger, der in einem Bauernhof untergebracht war, täglich den Stall ausmisten müssen, schilderte er, während das Land Kärnten dem Betreiber 70 € täglich bezahlt habe. Auch anderswo seien Menschen mit Behinderung als billige Arbeitskräfte eingesetzt worden, wie die Volksanwaltschaft aufgezeigt habe. Das Versagen sieht Ragger bei der Kärntner Landesregierung, die nicht in der Lage sei, das Chancengleichheitsgesetz in Kärnten adäquat zu vollziehen.

Viele Missstände in Österreich, was Menschlichkeit betrifft, sieht auch Ulrike Fischer (Grüne). Seit ein paar Jahren sei zu bemerken, dass es einen eklatanten Anstieg an Fremdunterbringung von Kindern und Jugendlichen gebe, nicht in allen Fällen sei eine hinreichende Betreuung gewährleistet, erklärte sie und wertete es als wichtig, in diesem Bereich ganz genau hinzusehen. Auch bei der Medikation in Pflegeheimen sieht sie wie ÖVP-Abgeordnete Diesner-Wais ein Problem.

Weitere Themen der Debatte waren u.a. Medikamentenengpässe durch eine fehlende Wirkstoffproduktion in Europa, die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele der UNO, Ungleichbehandlungen bei der Auszahlung von Familienleistungen, der starke Borkenkäferbefall in den Wäldern, die Verhinderung von Suiziden, die überlange Dauer von Obsorgeverfahren und die steigende Zahl demenzkranker Menschen. So werteten sowohl Bedrana Ribo (Grüne) als auch Sabine Schatz (SPÖ) den Demenz-Zuschlag zum Pflegegeld als zu niedrig. Rosa Ecker (FPÖ) zeigte sich darüber erfreut, dass Kontrollen der Volksanwaltschaft zu Verbesserungen in Seniorenheimen geführt haben. Reinhold Einwallner (SPÖ) wies auf anhaltende Probleme bei der Infrastruktur und beim Personal in Polizeianhaltzentren hin. Nichts abgewinnen konnte Gudrun Kugler (ÖVP) der Argumentation von Johann Margreiter.

Probleme beim Kinderbetreuungsgeld und beim Mutter-Kind-Pass

Von Seiten der Volksanwälte hoben Werner Amon und Walter Rosenkranz ausdrücklich den Umstand hervor, dass die Volksanwaltschaft ein Organ des Parlaments sei. Auch in der Einschätzung, dass Österreich grundsätzlich ein gut verwaltetes Land sei, sind sich die beiden Volksanwälte einig. Die Volksanwaltschaft sei auch „kein Feind der Verwaltung“, versicherte Rosenkranz, sie wolle nur das Beste für die BürgerInnen.

Die Gründe für Fehler der Verwaltung seien vielfältig, führte Rosenkranz aus. Manchmal seien die Gesetze auch so gestaltet, dass die Behörden keinen Handlungsspielraum hätten. In diesem Fall sei dann der Gesetzgeber gefordert, nachzuschärfen. Darauf machte auch Volksanwalt Bernhard Achitz aufmerksam. Die Behörden seien in den meisten Fällen sehr kooperativ und bemühten sich bei nochmaliger Prüfung einer Angelegenheit um eine bürgerfreundliche Rechtsauslegung, sagte er. Es gebe aber Fälle, in denen die Behörde aufgrund bestehender gesetzlicher Regelungen nicht in der Lage sei, den Fall bürgerfreundlich zu lösen.

Als Beispiel nannte Achitz zwei in der Praxis häufig auftretende Probleme. So komme es etwa immer wieder zu monate- oder sogar jahrelangen Verzögerungen bei der Auszahlung von Kinderbetreuungsgeld, wenn ein Partner im Ausland arbeite und der andere in Österreich lebe. Auch hält er es für unbillig, dass Jungfamilien bis zu 1.300 € entgehen, wenn sie den Nachweis von Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen verspätet erbringen, wiewohl die Untersuchungen rechtzeitig durchgeführt wurden, und zwar bei Vertragspartnern der Krankenversicherungsträger. Was die Medikation in Pflegeheimen betrifft, gibt es laut Achitz einige Vorzeigeprojekte, wobei die Sachlage rechtlich gar nicht so einfach sei und es ein Einvernehmen „auf Good-Will-Basis“ aller brauche.

Präventive Menschenrechtskontrolle

In Bezug auf die von der Volksanwaltschaft wahrgenommene präventive Menschenrechtskontrolle wies Volksanwalt Amon darauf hin, dass es rund 5.000 Einrichtungen in Österreich gebe, in denen Menschen festgehalten werden. Rund 10% der Einrichtungen werden laut Amon jährlich von einer der sechs Kommissionen der Volksanwaltschaft besucht. Auch bei 30 Polizeieinsätzen habe man im vergangenen Jahr eine begleitende Kontrolle wahrgenommen.

Eingriffe in Grund- und Freiheitsrechte seien möglich und manchmal sogar geboten, betonte Volksanwalt Rosenkranz. Sie müssten aber sachlich gerechtfertigt und gesetzlich begründet sein. Zum Schutz der Menschenrechte gehöre etwa auch, dass eine Anhaltezelle einen Notklingelknopf oder einer Brandmelder habe, sagte er. Dass es auch um solche Details gehe, sei vielen nicht bewusst. Die Umsetzung von Anregungen der Volkanwaltschaft scheitere aber oft auch daran, dass es an Budget bzw. Personal fehle.

Kritik übten die Volksanwälte daran, dass sie bei ausgegliederten Einrichtungen, anders als der Rechnungshof, keine Kontrollbefugnis haben. So würden etwa einige Spitäler in ihre Zuständigkeit fallen, andere aber nicht, schilderte Amon. (Fortsetzung Nationalrat) gs

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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