Volkshilfe: Europa darf nicht zum Exportweltmeister werden

Fenninger kritisiert vorgelegten 7-Schritte-Plan zur Eindämmung der Migrationsströme aus Afrika

Wien (OTS) - Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe Österreich nimmt die Präsentation des 7-Schritte-Plans zur Eindämmung der Migrationsströme aus Afrika durch den Bundeskanzler und den Verteidigungsminister zum Anlass, um Stellung zur Debatte zu beziehen. Einleitend weist er darauf hin, dass im Diskurs zunehmend vergessen wird, dass „wir es mit Menschen zu tun haben. Menschen, die aufgrund von Armut, Krieg und Hunger ihr Zuhause verlassen müssen. Es macht durchaus den Anschein, als würde diese Tatsache sowohl im medialen als auch im politischen Diskurs zunehmend ausgeblendet“. 

Einige der aktuellen Vorschläge seien zwar zu begrüßen, wie etwa die Forderung nach einheitlichen Asylregelungen und mehr Solidarität hinsichtlich der Verteilung von Flüchtlingen innerhalb Europas, sowie die Bekämpfung von Schlepperpropaganda. „Andere Punkte, wie die Forderung nach der Schaffung von Verfahrenszentren außerhalb der EU lehnen wir jedoch strikt ab. Zudem erkennen wir große Schwächen bei der Forderung eines Marshall Plans für Nordafrika, welcher darauf abzielt, Fluchtursachen zu bekämpfen, tatsächlich Probleme aber nicht lösen wird. Von Fluchtursachen und deren Beseitigung zu sprechen, heißt in erster Linie bei der Verantwortung Europas anzusetzen“. Zu kritisieren sei auch der Grundton des Plans, der glauben lässt, die ganze Welt würde sich nach Europa aufmachen: „Das ist schlichtweg falsch.“

Konkret kritisiert Fenninger den Plan vor allem in drei Punkten:
1. Stärkere Zusammenarbeit mit Afrika
„Die Verantwortungsträger sprechen von Zusammenarbeit, meinen damit aber hauptsächlich die Gründung eines Verfahrenszentrums in Niger“, kritisiert Fenninger und warnt davor, das australische Modell als Vorbild heranzuziehen. „Schutzsuchende Menschen im Mittelmeer abzufangen und in Aufnahmelagern außerhalb der EU zu internieren, wäre nicht nur ein Vorstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Es besteht außerdem keine Bereitschaft in Nordafrika, solche Zentren zu errichten“. Zudem sei das Prinzip „Aus den Augen, aus dem Sinn“, welches dieser Maßnahme offensichtlich zu Grunde liegt, einem politischen Amtsträger nicht würdig. „Die Debatten über die angebliche Beseitigung von Fluchtursachen blenden aus, welche Politiken Menschen tatsächlich in die Flucht treiben: Terror und Perspektivlosigkeit. Statt der Bekämpfung der Fluchtbewegungen selbst braucht es legale, sichere Migrations- und Fluchtwege für die betroffenen Menschen“.

2. Marshall-Plan für Nordafrika
Die Idee, günstige Bedingungen und Chancen für die afrikanische Bevölkerung zu schaffen, um diese vom Bleiben zu überzeugen, ist grundsätzlich nicht zu kritisieren. Die vorgeschlagene Umsetzung orientiert sich aber an einer kolonialen Denkweise, mit der die schädlichen Folgen der EU-Freihandelspolitik auf die afrikanische Wirtschaft nicht bekämpft werden können, meint Fenninger: „Neben großen Löchern im afrikanischen Haushaltsbudget, die u.a. durch die Abschaffung von Exportsteuern entstehen, verdrängen billige Produkte aus der EU heimische Produkte vom Markt und zwingen KleinbäuerInnen und ProduzentInnen in die Armut. Neben fehlenden Job-Perspektiven, Hunger und Armut kommen eine Vielzahl weiterer Probleme auf die lokalen Bevölkerungen hinzu: Krieg und bewaffnete Konflikte, Naturkatastrophen, Dürren“. Eine echte Lösung müsse also auch die Ursachen des Klimawandels bekämpfen, Waffenexporte nach Europa verbieten und die Armut, statt die Armen bekämpfen. „Es darf nicht sein, dass unter dem Deckmantel der Entwicklungszusammenarbeit afrikanische Länder in die europäische Sicherheits- und Abschottungspolitik eingebunden und dazu gebracht werden, die Mobilität ihrer eigenen Bevölkerung einzuschränken. Regierungen, die sich weigern zu kooperieren, müssen dann Kürzungen der Unterstützung und zusätzlich erschwerte Handelsbedingungen in Kauf nehmen. Das zeigt, es handelt sich eher um eine Druckmittel, als um Zusammenarbeit“.

3. Flüchtlinge in der EU verteilen
Das EU-Relocation-Programm, das im September 2015 im EU-Innenministerrat beschlossen wurde, läuft im September 2017 aus. Bis Anfang Juli wurden nur 15 Prozent der vorgesehenen „Umsiedlung“ von 160.000 vorgenommen. „Dieser Umstand lässt nicht hoffen, dass die EU-Mitgliedsstaaten das gemeinsam gesetzte Ziel tatsächlich erreichen wollen. Das Problem an der Relocation: Sie funktioniert nicht nur überhaupt nicht, sondern ist ohnehin ungeeignet, da nur Flüchtlinge aus wenigen Staaten wie Syrien und Eritrea überhaupt unter diese Regelung fallen“. Seit Monaten warnen Menschenrechtsorganisationen vor einem Kollabieren des italienischen Aufnahmesystems. Mit Unterstützung der EU-Mitgliedsstaaten ist dennoch nicht zu hoffen. „Die Leidtragenden sind die schutzsuchenden Menschen, die in Italien häufig keinerlei Unterstützung erhalten. Sie leben auf der Straße oder schlagen sich als TagelöhnerInnen durch. Diese menschenunwürdigen Zustände werden sich im Laufe des Sommers weiter verschärfen“.

Für Fenninger steht fest, dass die Themen Flucht und Migration nicht für politische Stimmungsmache missbraucht werden dürfen. „Europa darf nicht zum Exportweltmeister von Fluchtursachen werden und österreichisch PolitikerInnen dürfen Themen wie Asyl und Integration nicht für politische Stimmungsmache missbrauchen“.

Rückfragen & Kontakt:

Volkshilfe Österreich
Melanie Rami, MA
Pressesprecherin
+43 (0) 676 83 402 228
melanie.rami@volkshilfe.at
www.volkshilfe.at/presse

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