Zum 80. Jahrestag: Robert Gokl und Carola Schneider analysieren in „Menschen & Mächte“ Ablauf und Folgen des Russland-Feldzugs

Am 8. und 9. Juni in ORF 2; ORF-III-„zeit.geschichte“-Schwerpunkt am 12. Juni

Wien (OTS) Vor 80 Jahren, am 22. Juni 1941, überfiel das „Dritte Reich“ die Sowjetunion. Das Ziel: Die Unterwerfung des russischen Volks in einem „Rassenkrieg“, die Vernichtung des russischen Judentums und die Beseitigung des Kommunismus. Hitler wie Stalin führten diesen Krieg so brutal und kompromisslos, dass es an der „Ostfront“ zu den furchtbarsten Schlachten, den höchsten Opferzahlen, den größten Verbrechen im Zweiten Weltkrieg kam. Bis heute wirkt dieser Krieg nach, sowohl in den Erinnerungen der Kriegsgeneration und ihrer Familien wie auch in der Politik Europas. ORF-Zeitgeschichteredakteur Robert Gokl und ORF-Russland-Korrespondentin Carola Schneider analysieren in einer zweiteiligen „Menschen & Mächte“-Dokumentation am Dienstag, dem 8., und Mittwoch, dem 9. Juni 2021, um 22.35 bzw. 22.30 Uhr in ORF 2 Ablauf und Folgen des Russland-Feldzugs. Die Produktion fand coronabedingt unter erschwerten Bedingungen statt. Viele Archive waren geschlossen oder nur zeitweise besetzt, was Verzögerungen bei Recherchen bzw. vereinbarten Recherchereisen zur Folge hatte. Dennoch gelang es, beeindruckende und berührende Zeitzeugen-Erzählungen zu filmen. Nach Teil 2 folgt am 9. Juni Andreas Novaks und Wolfgang Sticklers „Menschen & Mächte“-Doku „Verschleppt und ausgebeutet“ (23.25 Uhr) über Zwangsarbeit in Österreich.

Sechsteiliger ORF-III-„zeit.geschichte“-Schwerpunkt zum 80. Jahrestag von Hitlers Russland-Feldzug am 12. Juni – mit u. a. ORF-III-Dokupremiere „Die Österreicher im Russlandfeldzug“

Anlässlich des 80. Jahrestags von Hitlers Russland-Feldzug blickt ein sechsteiliger ORF-III-„zeit.geschichte“-Abend am Samstag, dem 12. Juni, auf die Ereignisse des Deutsch-Sowjetischen Kriegs zurück. Die ORF-III-Neuproduktion „Die Österreicher im Russlandfeldzug“ (20.15 Uhr) von Helmut Berg rückt dabei die Schicksale der österreichischen Frauen, Soldaten, Sanitäter und Offiziere in den Mittelpunkt, ruft aber gleichzeitig in Erinnerung, dass die heimische Bevölkerung nicht nur zu Augenzeugen und Opfern wurde, sondern in manchen Fällen auch zu Tätern.

Menschen & Mächte: „Der Russland-Feldzug: Krieg und Tod“ – 8. Juni, 22.35 Uhr, ORF 2

„Menschen & Mächte“ geht der Frage nach, wie dieser Krieg auf beiden Seiten der Front erlebt wurde. Für viele Soldaten in Wehrmacht und Waffen-SS begann der Krieg 1941 als fanatischer Kampf gegen den großen ideologischen Gegner. Unter den drei Millionen Soldaten, die 1941 die Sowjetunion überfielen, waren Hunderttausende Österreicher. Etwa Karl Gabriel, Waffen-SS-Mann aus Wien: „Jetzt ging es gegen den Bolschewismus! Jetzt ging es um die Entscheidung.“ Die Soldaten in der Roten Armee verteidigten ihre Heimat nach der Parole Stalins:
„Tod den deutschen Okkupanten! Der Sieg wird unser sein!“ Fjodor Bondarenko aus Tomsk in Sibirien meldete sich zur Roten Armee: „Ich betete zu Gott: Herr, erbarme dich meiner. Ich gehe mein Heimatland verteidigen.“

Der geplante „Blitzkrieg“ gegen die Sowjetunion endete für die Wehrmacht mit der völligen Niederlage. Aber der Preis für die Rote Armee war hoch: Die Sowjetunion hatte 1945 die höchsten Opferzahlen des Zweiten Weltkriegs – 27 Millionen zivile und militärische Tote. Carola Schneider hat in Russland die letzten noch lebenden Zeitzeugen interviewt, Robert Gokl in Österreich. Wehrmachtssoldaten, Rotarmisten und ihre Nachkommen erzählen von den traumatischen Erfahrungen in diesem Krieg, die sie bis heute begleiten, von Begegnungen mit dem Feind, von schweren Verwundungen, von Kriegsgefangenschaft, vom Fanatismus der Ideologen, der zu befohlenem Revanchismus und Massenmord abseits jeglichen Kriegs- und Völkerrechts führt.
Fjodor Bondarenko ist einer der letzten noch lebenden Befreier Wiens 1945 und kann sich an Details des harten Kampfes um die Stadt erinnern: „Auf der Kuppel eines Gebäudes wurde eine Flagge gehisst und wir freuten uns: Endlich haben wir diese verflixte Hauptstadt Österreichs eingenommen!“ Heute ist Fjodor Bondarenko 96 Jahre alt. Aus den Kriegserfahrungen zieht er seine persönliche Lehre: „Wir leben nur so kurz. Und trotzdem hetzen wir uns gegeneinander auf. Das ist nicht richtig.“

Menschen & Mächte: „Der Russland-Feldzug: Erinnern und Gedenken“ – 9. Juni, 22.30 Uhr, ORF 2

1945 ist der Krieg zu Ende, Österreich befreit vom Nationalsozialismus, die Sowjetunion steht mit ihren Truppen in Wien und in Berlin. Die Folgen des Kriegs aber bleiben. „Der Krieg war am Ende sowohl für die Besiegten wie auch für die Sieger ein großes Unglück!“, meint die ehemalige Angehörige der Roten Armee Ekatarina Romanowskaja. Russische und österreichische Zeitzeuginnen und Zeitzeugen erzählen, wie Kriegsgeschichten und Feindbilder ihre Jugend und ihr Leben prägten – während der sowjetischen Besatzungsjahre in Österreich, während des Kalten Krieges bis hin zum Zusammenbruch der Sowjetunion.

In beiden Ländern müssen viele Familien mit dem Verlust von Verwandten fertig werden. Franz Teszar wächst ohne Vater auf, er war Russischdolmetsch in der Wehrmacht: „Ich kann mich an meinen Vater leider nicht mehr erinnern!“ Jewgenij Gor verliert in der Leningrader Blockade viele Angehörige, auch seine Schwester: „Je älter ich geworden bin, desto schmerzhafter wurde der Verlust meiner Schwester!“ Nach Plünderungen und Vergewaltigungen bei Kriegsende und dem Beginn des Kalten Krieges wachsen in Österreich neue anti-russische Ressentiments. Gleichzeitig wird Österreich in der russischen Öffentlichkeit auf der Basis der Moskauer Deklaration als erstes Opfer Hitler-Deutschlands gesehen. Beide Länder pflegen nach Abschluss des Staatsvertrages unterschiedlichste Formen des Kulturaustausches, der bereits während der Besatzungsjahre begonnen hatte. So reist etwa die Wiener Eisrevue zu ausverkauften Tourneen immer wieder in die Sowjetunion. Damals mit dabei Ingrid Wendl, Europameisterin, Eisrevue-Star und spätere ORF-Sprecherin: „Im russischen Fernsehen liefen den ganzen Tag antifaschistische Kriegsfilme. Aber wir waren ja neutral und das erste Opfer!“

1959 tourt Udo Jürgens mit der Max Greger Band durch die Sowjetunion:
„Wir sind eine Woche lang im ausverkauften Stadion der Roten Armee in Moskau aufgetreten.“ Ende der 1980er Jahre tritt die steirische Band Opus in Moskau in ausverkauften Stadien auf. Ewald Pfleger, Gitarrist der Band: „Es war eigenartig. Mein Großvater ist in Stalingrad gefallen – und mich bejubelt die Jugend von Moskau.“
Die Millionen Opfer des Zweiten Weltkriegs werfen bis in die Gegenwart Fragen nach Verantwortung und Schuld auf. In Österreich bekennt erst in den 1990er Jahren Bundeskanzler Franz Vranitzky die Mitschuld Österreichs ein, in der Sowjetunion herrscht nach einem kurzen Beginn der Aufarbeitung unter Chruschtschow wieder Schweigen über die stalinistischen Kriegsverbrechen und die Kriegsführung der Roten Armee. Lange verschwiegen wurde in der Sowjetunion auch der „Hitler-Stalin“-Pakt, jenes Freundschaftsabkommen von 1939, das auch einen Nichtangriffspakt zwischen beiden Ländern beinhaltete. Andrej Petrow, Kind von Überlebenden der Leningrader Blockade: „Als ich in der Schule fragte, warum im Geschichtsbuch nirgendwo die Rede von Stalin war, wurde ich aus der Geschichtsstunde gejagt.“

Erst mit der Öffnung unter Michail Gorbatschow und dem Ende der Sowjetunion konnte mit einer Aufarbeitung von Kriegserinnerung und Kriegsverbrechen begonnen werden, organisiert von der Menschenrechtsorganisation Memorial. Seit Putin in Russland regiert, wird diese Aufarbeitung aber immer stärker behindert. Heute gelten die Mitarbeiter von Memorial als „ausländische Agenten“. „Es wird behauptet, wir würden den Feinden Russlands das Wort reden“, erzählt Irina Scherbakowa von Memorial. Die Schrecken des Zweiten Weltkriegs haben es allen Nachfolgestaaten schwer gemacht, einen adäquaten Umgang mit ihrer Geschichte zu finden. Robert Gokl und Carola Schneider analysieren für „Menschen & Mächte“, wie die Fragen der Vergangenheit bis heute Leben und Politik in Europa, aber vor allem in Russland bestimmen.

Menschen & Mächte: „Verschleppt und ausgebeutet. Zwangsarbeit in Österreich“ – 9. Juni, 23.25 Uhr, ORF 2

„Stellen Sie sich vor, Ihre 13-jährige Tochter verschwindet spurlos, weder Radio, Fernsehen, Zeitungen noch Internet existieren als Suchhilfen. Die Polizei gibt keine Auskunft und droht Ihnen mit demselben Schicksal.“ So könnte man die Deportationsmethoden des NS-Regimes während des Russland-Feldzuges zusammenfassen. Schwer traumatisiert und entwurzelt landeten Hunderttausende sowjetische Jugendliche als Zwangsarbeiter in einer völlig fremden Umgebung. „Hier wurde eine ganze Generation um Lebensperspektiven und Zukunftschancen gebracht“, so Andreas Novak, Leiter der ORF-Zeitgeschichteredaktion.

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