TIROLER TAGESZEITUNG AM SONNTAG „Leitartikel“ Sonntag, 10. März 2019, von Carmen Baumgartner-Pötz: „Es ist noch ein sehr weiter Weg“

Elternschaft als Politikum: Der derzeitige Babyboom in der Spitzenpolitik wirft Licht auf ein Thema, wo viel Schatten ist.

Innsbruck, Wien (OTS) – Zu Beginn des Jahres wurde Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) wieder Vater. Von seinem Papamonat hat man ausreichend Kenntnis gewonnen: Der blaue Parteichef nahm in den vier Wochen ausgewählte Termine wahr und die mediale Begleitmaschinerie funktionierte annähernd so, wie man sich das in der Parteizentrale wohl vorstellte: Strache durfte in Wohlfühl-Interviews und Homestorys von der Babyzeit und seiner entspannten Frau schwärmen. Als politische Krönung soll nun der Papamonat mit Rechtsanspruch für alle kommen.
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger verabschiedete sich am Weltfrauentag in ihre zweimonatige Karenz. Die bald dreifache Mutter musste sich vom Boulevard andere Fragen anhören: „Ganz ehrlich, wie soll das gehen?“, war eine davon und sie ist entlarvend. Eine Führungsposition einzunehmen bzw. weiterhin zu arbeiten und ein Baby zu bekommen, geht in den Köpfen vieler tatsächlich nicht zusammen. Das ist auch kein Wunder: Vereinbarkeit von Familie und Beruf bedeutet hierzulande oft permanente Überforderung und ist nur mit einem ausgefeilten Masterplan aus institutioneller Kinderbetreuung und Unterstützung durch (Leih-)Omas, Kindermädchen und Co. lebbar – ja genau, der weibliche Anteil überwiegt.
Dabei sollte es in einem der reichsten Länder der Welt anders auch gehen. Der Papamonat ist eh lieb, die wahren Herausforderungen kommen freilich erst, wenn der Babymoon vorbei ist. Reduzierte Arbeitszeit beider Elternteile, so dass gemeinsame Familienzeit über mehrere Jahre möglich wird, ist etwa längst noch nicht die Norm. Genausowenig wie umfassende Unterstützung für Alleinerziehende. Ob die Kinder von Strache und Meinl-Reisinger es wohl einmal leichter haben werden, wenn sie eine Familie gründen?

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