Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 28. Juni 2017; Leitartikel von Anita Heubacher: „Abschaffen und alle zahlen lassen?“

Innsbruck (OTS) - Was spricht dagegen, für die Pflege seiner Eltern oder seines Partners etwas vom Einkommen beizusteuern, wenn Härtefälle abgefedert werden? Den Pflegeregress einfach abzuschaffen, ist wieder einmal ein teures Wahlzuckerl.

Wenige Monate vor Wahlen werden Landtage oder der Nationalrat zum Basar. Um die jeweilige Klientel zu bedienen, werden schon mal Gesetzesänderungen im Parlament durchgepeitscht, die in die Milliarden gehen. Das kennen wir von den Nationalratswahlen 2008, von 2013 und jetzt aktuell. Plötzlich sind sich SPÖ und ÖVP nach monatelangen, nervtötenden Streitereien einig. Beide wollen den partnerschaftlichen Pflegeregress abschaffen. Zu schön sind die Plakate mit alten Menschen und den jeweiligen Spitzenkandidaten. Es wird teuer für die Allgemeinheit. Denn irgendwer muss die in Aussicht gestellten Segnungen bezahlen. Das steht fest.
Es lohnt sich ein Blick auf die Fakten und Erfahrungswerte. Seit 2008 in Tirol der Kinderregress abgeschafft worden ist, ist die Zahl der alten Menschen in Heimen exorbitant nach oben geschnellt. So unschön das ist: Das lag nicht nur daran, dass die Zahl der alten, zu pflegenden Menschen gestiegen war. 2007 musste das Land laut Sozialabteilung rund 40 Millionen Euro für die Pflege draufzahlen, 2022 werden es 186 Millionen Euro sein. Die Schere geht deshalb so drastisch auseinander, weil die Babyboomergeneration, also numerisch viele, alt wird. Kinderregress bedeutet, dass ein kleiner Prozentsatz des Gehaltes der Kinder für die Pflege der Eltern gezahlt wird. 2007 mussten 3550 Kinder in Tirol für ihre Eltern zwischen 100 und 200 Euro monatlich als Kostenersatz zahlen. 16 Prozent dieser Kinder traf es „besonders hart“, weil sie, einkommensbedingt, mehr als 200 Euro im Monat zahlen mussten. Der Kinderregress fiel, die fehlenden Einnahmen bezahlten alle.
Jetzt reden wir vom Partner- und Vermögensregress. Reichen Pension und Pflegegeld nicht aus, dann wird auch das Vermögen bis zu einem bestimmten Betrag herangezogen. So kann die Eigentumswohnung oder das Haus belastet werden, zumindest bei jenen Fällen, die nicht „vorgesorgt“ und das Vermögen rechtzeitig übergeben haben. Partnerregress meint, dass in 250 Fällen in Tirol Eheleute, die ein Einkommen haben, zur Pflege ihres Partners etwas beitragen mussten. Fällt das weg, zahlt die Allgemeinheit um 500.000 Euro im Jahr in Tirol mehr.
Wahlzuckerl sind teuer. In dem Fall für Junge und Erwerbstätige, die in den Generationenvertrag einzahlen und die Resthoffnung hegen, dass sich das alles irgendwie auch noch für sie ausgehen wird.

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