TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Augen zu und durch“, von Wolfgang Sablatnig

Ausgabe vom Dienstag, 24. August 2021

Innsbruck (OTS) Die ÖVP setzt in der Frage der Flüchtlinge aus Afghanistan auf ihre Kernbotschaften. Wie es den Grünen damit geht, kümmert die Türkisen nicht. Die Frage ist, wie viele Migrationsdebatten der grüne Koalitionspartner noch aushält.

In der Afghanistan-Krise geht es in der Migrationsdebatte nicht mehr um Menschen, die irgendwo zwischen Mittelmeer und Balkan gestrandet sind. Plötzlich haben wir das Gefühl, Afghaninnen und Afghanen könnten fast in Echtzeit mit der nächsten Maschine nach Wien fliegen.
Die Grundaufstellung blieb aber gleich. Sebastian Kurz (ÖVP) hält an seinen Positionen in der Migrationspolitik seit Jahren fest. Von Europa sollen die Menschen ferngehalten werden. Stattdessen spricht Kurz von Anlandeplattformen und Aufnahmezentren. Er betont, dass Österreich bisher mehr Menschen aus Afghanistan aufgenommen habe als andere EU-Staaten.
In der ÖVP und rechts davon kommen diese Aussagen als Pull-Faktor an. Mit Blick auf den ÖVP-Bundesparteitag und die oberösterreichische Landtagswahl ist keine Änderung in Sicht. Die einfache Rechnung lautet, dass ein harter Kurs mehr Zuspruch bringt, als die bürgerliche Kritik aus Kirche und von Ex-Granden kostet.
Kurz macht nichts, was nicht mehrheitsfähig wäre. Dies zeigt auch eine aktuelle Umfrage von Unique Research für heute: „Soll Österreich jetzt afghanische Flüchtlinge aufnehmen?“ lautete die Frage. 39 Prozent sagten „Ganz sicher nicht“, weitere 21 Prozent meinten „Eher nein“.
Die Nöte des grünen Koalitionspartners kümmern die Türkisen dabei nicht – umso weniger, als auch die Grünen im Ibiza-Ausschuss jede Rücksicht auf die ÖVP vermisse­n ließen.
Die ÖVP hat freilich immer klargemacht, dass sie in der Migrationspolitik keine Kursänderung zulassen will. Und sollten die Grünen gehofft haben, vielleicht doch Einfluss nehmen zu können, müssen sie sich eingestehen, dass sie gescheitert sind. Abschiebungen von Kindern, die Flüchtlinge in Moria, Afghanistan: Die Grünen müssen auf das Motto „Augen zu und durch“ setzen – und hoffen, dass der Schmerz bald vergeht.
Zu gerne sitzen einige Grüne an den Hebeln der Macht. Zu nah wähnen sie sich klima- und umweltpolitischen Fortschritten. Zu sehr fürchten sie, an den Stimm-Urnen nicht bedankt zu werden, wenn sie die Koalition wegen der Flüchtlingspolitik platzen ließen – während die ÖVP mit diesem Umstand Wahlkampf machen würde.
Viele Grüne würden sich dennoch ein markigeres Auftreten wünschen. Und jedes Mal bleiben enttäuschte Anhänger zurück. Dieses Mal richtete die frühere Wiener Vizebürgermeisterin Birgit Hebein aus, dass sie „klare grüne Haltungen“ vermisse – und verließ die Partei. Zum Problem für Grüne und Koalition wird das, wenn aktive Politiker Hebeins Beispiel folgen.

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